Ablaufleistung bei Rentenversicherungen im „Beauty Contest“
Der Wettbewerb unter den Anbietern von Rentenversicherungen ist hart umkämpft. Der Verbraucher hat erkannt, dass er private Altersvorsorge betreiben muss, um der Altersarmut nicht ausgeliefert zu sein. So versuchen die Versicherungen ihre Produkte in bestem Licht erscheinen zu lassen; gern als „Beauty Contest“ bezeichnet. Ein herausragendes Kriterium bei Rentenversicherungen, welches zur Entscheidungsfindung der meisten Verbraucher heraus gezogen wird, ist die Ablaufleistung (Endkapital). Da die Versicherer dieses genau wissen, wird sich im „Beauty Contest“ bei diesem Kriterium besonders bemüht. Soweit nicht weiter verwerflich. Man sollte jedoch bekenken, dass so manche „Schönheit“ nur geschminkt besonders toll aussieht.
Wir werden einmal die Schminke komplett abwaschen …
Ablaufleistung als Entscheidungskriterium
Der Leser möchte sich einmal folgenden Fall vorstellen:
Sie sitzen bei einem Berater und haben sich zu einem Rentenvertrag beraten lassen. Der Berater stellt Ihnen nun drei Angebot vor. Die Produkte A, B und C sind hinsichtlich Ihrer eigenen Vorgaben an eine private Rentenversicherung allesamt geeignet. Deutlich zeigen die drei Produkte unterschiedlich hohe Ablaufleistungen (hier lassen wir einmal die Rentenhöhe beiseite, welche sich ohnehin auf den Kapitalwert der Police bezieht). Produkt A stellt z.B. eine Kapitalbasis in Höhe von € 180.000 dar. Produkt B eine Leistung in Höhe von € 185.000 und C ein Kapital von € 175.000. Ihre Entscheidung fällt spontan auf Produkt B, richtig ?
Falsche Entscheidung ?
Ja ? Dann entscheiden Sie, wie ca. 80% aller Verbraucher, nämlich anhand der Höhe der Ablaufleistung bei Rentenversicherungen. So gänzlich falsch ist diese Entscheidung nicht. Aber sie ist auch nicht gänzlich richtig. Wenn man bedenkt, dass nur rund 1/3 aller Verträge das geplante Ablaufdatum erreichen, sollte auch ein anderes Kriterium bei der Entscheidung einbezogen werden.
Entscheidungskriterium Rückkaufswert
Was passiert, wenn Sie Ihren Rentenvertrag vorzeitig kündigen müssen ? Nun, sofern er lange genug angespart wurde, gibt es den so genannten Rückkaufswert bei Kündigung zurück. Dieser Rückkaufswert ist die Summer der Beitragszahlungen abzüglich der Versicherungskosten (Risikokosten) und der Abschluss- und Verwaltungskosten. Sollte Ihr Vertrag in der Zeit bis zur Auflösung an Überschüssen beteiligt gewesen sein, so erhalten Sie diese natürlich zusätzlich. Wie hoch ist aber der jeweilige Rückkaufswert der Policen ist, zeigt ein genauer Blick in die Angebote. Ein direkter Vergleich könnte (beispielhaft) wie folgt aussehen:
Sollten Sie bereits bei Abschluss des Vertrages sehr sicher sein, dass Sie den Vertrag bis zum Ende durchhalten, kann Ihre Entscheidung für Produkt B eine gute Wahl gewesen sein (sofern alle anderen Punkte ebenso positiv ausgefallen sind). Wenn Sie es jedoch für möglich halten, dass Umstände eintreten, die die Kündigung des Vertrages notwendig machen, dass sollte die Entscheidung auf Produkt A fallen. Hier ist die Differenz im Rückkaufswert deutlich höher als bei Produkt B. Das Endkapital ist aber bei B nur geringfügig höher als bei A.
Wie kommen so hohe Differenzen im Rückkaufswert zustande ?
Eine einfache Antwort: Die Versicherer verrechnen einerseits die Produktkosten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlicher Höhe. Verrechnet ein Versicherer in den ersten Vertragsjahren die komplette Kostensumme mit den Beiträgen, befindet sich im Vertrag weniger Kapital, welches eben weniger Überschüsse erzielen kann. Zum anderen werden Überschüsse in unterschiedlicher Weise den Verträgen zugeordnet. Manche Versicherer schreiben während der Vertragslaufzeit die Überschüsse nur zu einem kleineren, langsam wachsenden Anteil direkt dem Vertrag gut. Der Rest wird „zurück behalten“ und erst später – meist am Vertragsende – gut geschrieben. Somit ist bei diesen Produkten (wie in B zu erkennen) der Rückkaufswert über die Vertragslaufzeit relativ niedrig. Am Vertragsende müssen die restlichen – geparkten – Überschüsse aber gesetzeskonform den Verträgen hinzu gerechnet werden. Dieser Schlussüberschussanteil ist somit dann deutlich größer, als bei Produkten, die einfach jeweils höhere Überschussanteile während der Laufzeit gut schreiben.
Böse Falle „keine Todesfallleistung“
Noch ein wesentlicher Faktor reduziert möglicherweise den Rückkaufswert. In Tarifen mit einer garantierten Todesfallleistung während der Vertragslaufzeit, wird Kapital von den Gesellschaften gebildet (um die Leistung sicher zu stellen), welches so auch bei einer Kündigung vorhanden ist und ausgezahlt werden muss. Bei Verträgen ohne eine garantierte Todesfallleistung (vor Rentenbeginn) müssen die Versicherer kein Kapital für diese Leistung vorhalten. Es wird aus dem gebildeten Kapitalanteil eine so genannte „beitragsfreie Rente“ gebildet, die erst mit Vertragsende fällig wird. Das führt dazu, dass bei einer Vertragskündigung kein oder eben nur ein geringer Rückkaufswert entsteht. Ein Tarif mit einer garantierten Todesfallleistung vor Rentenbeginn führt demnach immer zu einem höheren Rückkaufswert, als bei Tarifen ohne diese Todesfallleistung.
Schauen Sie hinter die Fassade
Die Versicherer haben folglich viele Möglichkeiten Ihre Produkte in einem Beauty Contest aufzuhübschen. In dem oben aufgezeigten Beispiel gelingt es dem Produkt B in der Endkapitalwertung als „Beauty“ da zu stehen. Bis dahin bleibt es aber eine „hässliche“ Mogelpackung, weil – bei einer vorzeitigen Kündigung eben deutlich weniger Kapital als Rückkaufswert zur Verfügung steht.
Ein qualifizierter Versicherungsmakler wird bei der Produktauswahl auf diese Umstände hinweisen und die möglichen Folgen darlegen. Damit wird ein seriöser Berater Ihre Entscheidung für ein bestimmtes Produkt deutlich erleichtern und Fehler aufgrund von fehlenden Informationen vermeiden helfen. Die Ablaufleistung bei Rentenversicherungen korrekt zu interpretieren, ist eine dieser wichtigen Informationen.
Ziele und Bedarf sind die Grundlagen einer Entscheidung
Insgesamt wird deutlich, dass die Ablaufleistung bei Rentenversicherungen (Endkapital) auf keinen Fall das entscheidende Kriterium für die Wahl des Produktes sein sollte. Auch die Fokussierung allein auf den Verlauf des Rückkaufswertes sollte nicht einziger Entscheidungsfaktor sein. Ebenso deutlich wird – als Fazit – dass immer und in jedem Bereich einzig und allein die Ziele und die Vorgaben des Verbrauchers bei der Produktauswahl im Fordergrund stehen müssen.
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