Beiträge zur Pflegeversicherung explodieren

Beiträge zur Pflegeversicherung explodieren

Bereits zum Jahresbeginn 2019 haben sich viele Menschen darüber geärgert, dass Ihre Beiträge zur Pflegeversicherung deutlich teurer geworden sind. Das gilt für die Pflegepflichtversicherung der gesetzlichen und privat Versicherten und für private Pflegeergänzungstarife gleichermaßen.

Gesetzlich Krankenversicherte zahlen seit Januar fast 20% mehr Pflegeversicherungsbeiträge als in 2018, weil der Beitragssatz auf 3,05% – für kinderlose sogar auf 3,3% – angehoben wurde. In der Spitze (Beitragsbemessungsgrenze 2019 = € 4.537,50) zahlen kinderlose monatlich € 149,74 für die Pflegeversicherung an Ihre Krankenkasse. Versicherte mit Kindern kommen mit € 138,39 monatlich kaum günstiger davon.

Aber auch die privaten Pflegeversicherungen haben deutlich aufgeschlagen. Die private Pflegepflichtversicherung hat Beitragserhöhungen zwischen 12% und 50% – je nach Alter der Versicherten – an die Kunden versendet. Am günstigsten (ca. 12%) kommen hier noch Beamte davon.

Beiträge zur Pflegeversicherung explodieren

Versicherte, die Pflegeergänzungstarife (z.B. Pflege-Bahr und Pflegetagegeldtarife) abgeschlossen haben, um im Pflegefall die hohen selbst zu zahlenden Pflegekosten nicht den Angehörigen aufzubürden, müssen ebenfalls deutlich tiefer in die Tasche greifen. Die Beiträge stiegen hier sogar zwischen 25% und 50% je versicherte Person.

Wir zeigen einmal auf, wie die hohen Beitragssteigerungen zustande kommen. Die schlechte Nachricht vorweg:

Hohe Beitragssteigerungen werden auch in Zukunft nicht zu vermeiden sein.

Warum explodieren die Beiträge für die Pflegeversicherungen?

  1. Mehr Leistungen kosten mehr Geld

Das Pflegestärkungsgesetz 2015 hat zu mehr Leistungen in der Pflegeversicherung geführt. Es folgte das Pflegestärkungsgesetz 2 im Jahr 2017, bei dem die neuen Pflegegrade die Pflegestufen ersetzten und die Bewertung des Bedarfs verbessert wurden. Die unteren Pflegegrade und Demenzkranke erhalten nun höhere Pflegeleistungen.

Seit dem 01.01.19 gilt das neue Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, welches zu 13.000 – so der Plan – neuen Pflegekräften führen soll. Darüber hinaus soll das Pflegepersonal verbesserte Arbeitsbedingungen und mehr Gehalt bekommen. Finanziert werden diese Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen gleichermaßen.

Das Gesetz sieht u.a. vor, dass je 40 vollstationäre Pflegbedürftige eine halbe Pflegestelle mehr finanziert werden. Ob eine halbe Stelle für jeweils 40 Pflegebedürftige ausreicht, kann bezweifelt werden. Eine meiner Kundinnen arbeitet als Pflegekraft in einem Altenpflegeheim in Karlsruhe. Sie meint zu den Plänen der Regierung, dass eher 2 volle Pflegekräfte mehr für je 40 Pflegepersonen realistisch wären.

Es ist absehbar, dass die Kosten für die dringend benötigten Pfleger zu weiteren Beitragssteigerungen führen werden.

  1. Demografische Entwicklung führt zu höheren Kosten

Seit Jahrzehnten bekannt und bei politischen Entscheidungen doch regelmäßig ignoriert: Die Lebenserwartung in Deutschland wächst alle 10 Jahre um ca. 2 Jahre. Den Verantwortlichen ist die nachstehende Statistik selbstverständlich auch bekannt. Zudem wächst die Zahl der Alten in Deutschland drastisch. Auch das Problem der geringen Geburten in Deutschland ist seit Jahrzehnten bekannt. Es fehlen heranwachsende Beitragszahler für die Sozialversicherung. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Folgen schon länger durch sinkender Altersrenten und steigender Rentenbeiträge sichtbar.

Das diese Fakten bei der Berechnung der Beiträge für die Pflegeversicherung (und für die Krankenversicherung) bisher nicht entsprechend berücksichtigt wurden, lässt Zweifel an der Glaubwürdigkeit der politischen Verlautbarungen zur zukünftigen Entwicklung unseres Gesundheitssystems angemessen erscheinen. Es wird häufig über die demografische Entwicklung diskutiert. Gehandelt wird jedoch immer nur oberflächlich. Dabei sollte jedem klar sein, dass steigende Lebenserwartung zwangsläufig höhere Kosten für medizinische Leistungen und Pflegeaufwand verursacht. Steigende Lebenserwartung und der hohe Anteil älterer Menschen über 65 Jahre führen also zu weiter steigenden Beiträgen in der Pflegeversicherung. Dieser Effekt ist kaum aufzuhalten. Jedenfalls nicht in den nächsten 2 bis 3 Generationen.

Beiträge zur Pflegeversicherung explodieren

  1. Niedrigzins und Inflation

Die seit Jahren andauernde Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank führt zu weiteren Beitragssteigerungen. In der Vergangenheit wurden Zinsgewinne bei den Krankenversicherungen für die Beitragshöhe eingerechnet, die im Bereich von ca. 3 bis 3,5% p.a. lagen. Da diese Renditen auf Kapitalanlagen der Versicherer nicht mehr erzielt werden können, müssen die Beiträge schon allein deshalb steigen. Bei einer Inflationsrate von ca. 2% p.a. steigen die Kosten für die Pflegeleistungen also drastisch schneller, als durch Zinsgewinne aus den Kapitalanlagen aufgefangen werden könnte.

Unter dem Strich bedeutet das, dass Versicherer die Beiträge zu Pflegeversicherungen neu kalkulieren müssen. Die Beiträge müssen also auch allein wegen der niedrigen Zinsen steigen.

Fazit:

Schon heute zeigt das aktuelle Pflegesystem deutlich, wohin die Reise geht. Die Kosten der Pflege werden weiter überproportional steigen. Das damit auch die Beiträge explodieren müssen ist selbstredend.

Dass die Regierung weiterhin das tote Pflegeversicherungs-Pferd reitet, wundert mich persönlich jedoch nicht. Der öffentlich gemachte Weg zum Abdecker, würde das fragile System der deutschen Kranken- und Pflegeversicherung zerbröseln lassen.


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