Börsenchaos oder gesunde Korrektur ?

Börsenchaos
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Börsenchaos oder gesunde Korrektur?

Am 10. August 2015 stand der Dax bei 11.600 Punkten. Ab dem nächsten Tag ging er auf Talfahrt und hatte im Tief am 24.08.15 rund 2.000 Punkte verloren (-17,3%). Im Windschatten des Kursrutsches der chinesischen Börse ab dem 18. August ging das Börsenchaos um die Welt. Die Erklärungen für diese dramatische Entwicklung sind vielfältig. Es gilt genau hinzuschauen, wie es dazu kam und was die Zukunft bringen könnte.

Der massive Abverkauf im DAX bahnte sich bereits am Freitag, den 21.08.15 an. Zum Wochenausklang verlor der deutsche Aktienindex nur rund 1%, schloss jedoch auf Tages-, Wochen- und Monatstief. Die Eröffnung zum Montag, den 24.08.15, fiel mit einem down-gap von – 3,2% heftig aus; das Börsenchaos in Deutschland beginnt.

Weltweit brachen die Börsen ein und folgten somit den nachhaltigen Kursrückgängen der chinesischen Börse, die bereits in den Vortagen zu Verunsicherungen geführt hatten. Am Montag fiel sodann auch noch eine wichtige charttechnische Unterstützung bei ca. 9.700 Punkten (mittelfristiger Aufwärtstrendkanal). Es ist zu vermuten, dass damit computergestützte Verkaufsprogramme ausgelöst wurden, welche den DAX bis in den Bereich von 9.338 Punkten stürzen ließ. An diesem Punkt hatte der DAX bereits 7,8% zum Freitagsschluss verloren.

Schnäppchenjäger nutzten die Gunst der günstigen Kurse und es erfolgte am gleichen Tag ein rasanter Anstieg vom Tagestief um 3,3%. Zum Tagesschluss betrug das Minus im DAX „nur“ noch

-4,8% auf Tagesbasis. Weitere starke Käufe am Folgetag ließen den Index wie an der Schnur gezogen um 5% steigen, so dass der Dax am 25.08.15 bei 10.128 Punkten schloss und den Schlusskurs vom Freitag wieder erreichte.

Die Auslöser

Expertenkreisen sehen die Hauptursache für das weltweite Börsenchaos in der starken Abwertung der chinesischen Währung Yuan. Damit soll das verringerte Wirtschaftswachstum der Chinesen unterstützt werden. Eine schwächere Währung macht für ausländische Importeure chinesische Produkte günstiger, was dem Export der Chinesen zugutekommt.

In der Folge wuchsen die Ängste, dass die Wirtschaft im Reich der Mitte möglicherweise stärker angeschlagen ist, als bisher kolportiert wurde. Eine beschleunigte Abschwächung der chinesischen Wirtschaft hätte gravierende Auswirkungen auf ausländische Investoren und den Absatz ausländischer Produkte in China. Es kam, wie es kommen musste. Die Indizes der Welt folgten dem Kursrutsch, wie Dominosteine.

Gestoppt wurde der rasante Fall erst, als die Chinesen am 25. August 2015 die Zinsen im Land noch einmal deutlich senkten; bereits das fünfte Mal in nur 9 Monaten. Billiges Geld soll für steigenden Binnenkonsum in China führen, so die Hoffnung der Zentralbank.

Die Schuldigen

Die Chinesen geben an, die amerikanische Notenbank „FED“ verursachte das weltweite Börsenchaos. Gemäß DPA (Deutsche Presseagentur) meldete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, das die FED seit Monaten Zinserhöhungen in den USA in Aussicht stelle. Das würde den Dollar weiter aufwerten und US$-sensitive Schwellenländer wie China, in Bedrängnis bringen.

Meiner Meinung nach sind die wahren Schuldigen die starken Kursgewinne der letzten Jahre. Ein kleiner Funke in China hat ausgereicht, dass Großinvestoren in großen Volumina aufgelaufene Gewinne einkassiert haben und so das Börsenchaos initiiert haben. In der Vergangenheit haben schon öfter kurzfristige Turbolenzen in Schwellenländern zu Dominoeffekten an den Weltbörsen geführt. So war 1995 Mexico ein Auslöser für weltweite Kursrückgänge. 1997 war es die Asienkrise. Russland schubste den ersten Dominostein 1998 an.

Die Realität

Wie bei allen extremen Kapriolen an den Börsen, sollte darüber nachgedacht werden, ob die Kurssprünge gerechtfertigt sind. Wie in der Vergangenheit haben Ängste und der Herdentrieb dafür gesorgt, dass Kursstürze von 10 – 20 % innerhalb weniger Tage ausgelöst wurden. Häufig hat sich dann bestätigt, dass die Ängste – und somit das Börsenchaos – in keiner Weise gerechtfertigt waren.

Welche Faktoren sollten in der aktuellen Situation berücksichtigt werden ?

Richtig ist, dass die amerikanischen Zinsen in der Zukunft steigen werden. Gleiches gilt für die Zinsen in den meisten europäischen Staaten. Wann genau die Notenbanken hier gegensteuern ist ungewiss. So lange die Inflationsraten nicht deutlich steigen, werden die Notenbanken die Politik der Niedrigzinsen weiter verfolgen, um der Wirtschaft mit billigem Kapital zu stützen.

Ebenso korrekt ist, dass der Wirtschaftsmotor Chinas langsamer läuft, als in den Jahren zuvor. Von einem stottern des Motors kann jedoch keine Rede sein. Bei einem Wachstum des BIP im Reich der Mitte von ca. 6-7% p.a., kann noch immer von einem Wirtschafts-D-Zug gesprochen werden. In Europa dagegen ist ein BIP-Zuwachs von 1-2% p.a. eher eine gemütliche Kutschfahrt.

Währungsverschiebungen durch Auf- oder Abwertung wichtiger Handelswährungen sind regelmäßig zu verzeichnen. Mehr als kurzfristige Auswirkungen haben solche Wirtschaftsförderungsprogramme selten gezeigt.

Die Konjunktur in den wichtigen Wirtschafträumen der Welt (USA, China, Europa und Japan) ist durchweg als positiv zu bewerten. Dabei ist die Chance auf weiteres Wachstum für mich größer, als das Risiko einer mittelfristigen Abschwächung. So berichtete am 26.08.15 die Nachrichtenagentur Reuters von hohen Auftragseingängen für langlebige Güter in den USA. Erwartet wurden eher leichte Rückgänge. Ebenso die Handelsumsätze, das Konsumverhalten und die Beschäftigungszahlen zeugen von neuem Schwung der Konjunktur.

Ähnliches gibt es in einer Reihe von europäischen Ländern zu berichten. Auch in Deutschland gibt es regelmäßig positive Zahlen aus der Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote in Deutschland ist historisch niedrig. In vielen Arbeitsbereichen herrscht Fachkräftemangel. Trotz niedriger Inflation waren die letzten Tarifrunden für Arbeitnehmer erfreulich.

Zudem könnte die EZB den Aufkauf von Anleihen mit einem Volumen von 1,14 Billionen Euro jederzeit flexibel ausbauen, so EZB-Chefvolkswirt Peter Praet (Quelle: Godmode-Trade.de vom 27.08.15). Die EZB wird demnach weiterhin alles versuchen, den Konjunkturmotor in Europa weiterhin mit Treibstoff zu versehen. Auch diese Aussichten sollten zur Beruhigung der Märkte beitragen.

Kaufen – Halten – Verkaufen?

Kaufen, wenn die Kanonen donnern ? Also nach Kostolanie handeln und die extremen Niedrigkurse nutzen, um günstige Papiere zu kaufen ? Oder objektiv bleiben und nach den Fakten suchen ? Wer die o.g. Realitäten teilt, wird möglicherweise gar nichts tun und das Gewitter einfach aussitzen. Oder doch verkaufen ?

Angst vor Verlusten ist menschlich. Aber schon von jeher ein falscher Ratgeber. Die ängstlichen verkaufen dabei sogar immer zu spät. Sie sind es, die mutige Investoren brauchen. Sonst könnten die Mutigen keine Schnäppchen machen. Informierte Anleger nutzen ein solches Börsenchaos aufgrund von Panik oder Dominoeffekten immer zum Kauf von günstig gewordenen Qulitätspapieren.

Das gilt nicht nur für Privatanleger, sondern insbesondere für die Profis im Börsengeschäft. Objektive Analytik, gepaart mit verantwortungsbewusstem Handeln zeigen auch in diesen Tagen z.B. Depot-Manager von TOP-Fonds. So gibt die LOYS AG bekannt, dass sie die günstigen Kurse für gezielte Zukäufe in ihre Aktienfonds (z.B. Loys Global P) nutzen wird. Der smart-invest Helios AR dagegen verfolgt strikt sein Ziel der Risikoreduzierung und erhöht seinen Cashanteil, welches am 24.08.15 bei 35% lag. Es ist erkennbar, dass – obwohl unterschiedliche Erwartungen in das kurzfristige Marktgeschehen – beide Profis mit Bedacht handeln und immer das Risiko-/Chanceprofil ihrer Investitionen im Auge haben.

Im langfristigen Chart ist deutlich der seit März 2009 anhaltende Aufwärtstrend im Dax zu erkennen. Die Höhe des Trendkanals zeigt jedoch auch das Rückschlagspotenzial. Gegenbewegungen verlaufen daher mit hoher Volatilität. So war der Rückgang von 05.2011 bis 09.2011 mit -35% schmerzhaft für Investoren, die zu Höchstkursen zum Jahresbeginn 2011 eingestiegen waren.

Betrachten wir jedoch die Entwicklung auf Basis der jeweiligen Tiefpunkte (März 2009 – Sept. 2011 – Aug 2015) wird deutlich, dass eine langfristige Auslegung des Investitionszeitraums bei Börseninvestments einer der wichtigsten Faktoren ist. Und noch eines ist aus dem Chart erkennbar: Wer „günstige Kurse“ erkennt und zu Schnäppchenkursen investierte, konnte – gemessen an den jeweiligen Tiefpunkten – von 2009 bis 2011 (2,5 Jahren) eine Performance von über 38% einfahren. Von 2011 bis heute (4 Jahre) betrug der Anstieg sogar fast 88%.

Fazit

Die Verwerfungen an den Weltbörsen der letzten Tage sollten differenziert betrachtet werden. Ein Dominoeffekt wie aktuell zu erkennen, ist eher den institutionellen Investoren und automatisierten Handelsprogrammen geschuldet, als makroökonomischen Schlussfolgerungen. Panikgetriebene Ängste der Kleinanleger könnten den Effekt nur verstärken.

Auch Investmentfonds-Manager müssen selbstverständlich reagieren. Und große Fonds bewegen häufig gigantische Summen an den Börsen, was bei einem Verkauf durchaus die Kurse zusätzlich in den Keller schicken kann. Umsichtige Depot-Manager berücksichtigen dieses; wenn sie nicht ohnehin über Instrumente verfügen, die das Risiko des Fonds über das Anlagesystem und die Anlageklassen im Zaum halten.

Ein guter Investmentfondsberater hat die Kunden-Depots nach der Risikoneigung und der Zielplanung seiner Kunden ausgerichtet. Es ist unter diesen Umständen davon auszugehen, dass die Kollegen dann genauso wenig Angst-Anrufe erhält, wie ich selbst. So bleibt Zeit, für wirklich wichtige Dinge, die den Berater und seine Kunden voran bringen. Hektisches Hin und Her in Investmentdepots gehören sicherlich nicht dazu.


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