Börsenpanik, Crash oder Korrektur?
Ein paar ewige Börsenorakel und mediensüchtige „Börsengesichter“ prophezeiten es schon seit vielen Monaten. Am 05.02.18 geschah es dann tatsächlich. Innerhalb einer Woche verloren DAX, Dow Jones, Nikkei und Co. rund 10% ihrer Indexpunkte. Haben die Weltuntergangsorakel recht behalten ? Ist das der Anfang einer großen Börsenpanik ? Ist das ein echter langfristiger Börsencrash ? Oder nur eine gesunde Korrektur aufgrund von überfälligen Gewinnmitnahmen ?
Schauen wir einmal genauer hin:
Der Kursrutsch begann in den USA. Ursprünglicher Auslöser könnte die Angst vieler Anleger auf schneller steigende Zinsen gewesen sein, als ursprünglich vermutet. Die US-Notenbank (FED) könnte sich genötigt fühlen, durch einen kräftigen Bremsdruck auf die Gelddruckmaschinen, einer deutlich ansteigenden Inflation entgegenzuwirken.
Die durch Präsident Trump erwarteten Steuererleichterungen und die gute Ertragslage vieler US-Unternehmen, könnten die Verbrauchereinkommen schnell steigen lassen. Stark steigende Inflation fürchten Aktionäre aber wie der Teufel das Weihwasser. Mit zeitlicher Verzögerung würden viele Anleger wieder in den – vermeintlich – sicheren Hafen der Anleihen wechseln und Aktien wären weniger interessant.
Diese Zinsunsicherheit hat nach Meldung der Börsendaten-Agentur Thomson Reuters Lipper dazu geführt, dass vor allem US-Privatanleger am Montag, den 05.02.18 Ihre Aktiengewinne der letzten Jahre in Sicherheit brachten. Es wurden Aktien und Investmentfonds für ca. 50 Milliarden US-$ allein in den USA verkauft. Das sieht nach einer Börsenpanik aus. Dies führte an diesem Tag in der Spitze zu einem Kursverlust im Dow Jones von über 5%. Zum Handelsschluss wurde der Kurseinbruch etwas geringer, weil es dort schon wieder die ersten Kaufaufträge gab.
Im Verlauf der Woche wurde der Abverkauf von Aktien durch institutionelle Anleger – die sonst immer vor den Privatanlegern agieren – verstärkt. Auch diese sahen Ihre aufgelaufenen Gewinn in Gefahr und brachten Ihr Kapital in Sicherheit. Der Rest wurde von Computerverkäufen verursacht; eine Abwärtsspirale, wie wir Sie schon häufiger gesehen haben. Sobald bestimmte Kursmarken unterlaufen werden, verkauft der Computer. Die Börsenpanik nimmt ihren Lauf.
Börsenpanik oder fundamentaler Crash?
Nun ist die spannende Frage, ob aktuelle Börsenpanik nur der oben genannten Psychologie (Angstreaktion) geschuldet ist oder doch fundamentale (ökonomische) Begründungen findet. Starke Kurseinbrüche aufgrund von panischen Kettenreaktionen hat es an der Börse schon immer gegeben. Der Herdentrieb ist unter den Börsianern sehr verbreitet. Ein fundamentaler – also ökonomisch begründeter – Crash ist viel seltener; dann dauert er in der Regel aber länger.
In der Grafik sehen wir Beispiele solcher ökonomisch begründeter Börseneinbrüche. In den Jahren 1973 bis 1975 war es die Ölkrise. 2000 bis 2003 das Platzen der Übertreibungsblase der Internetwerte (Dot.com-Blase) und zuletzt die Finanzkrise von 2007 bis 2010.
Wie ist aber die Situation seit dem 05.02.18 zu bewerten ? Ich versuche es kurz zu machen:
Ich sehe keine fundamentalen Gründe, die einen solchen Einbruch an den Weltbörsen rechtfertigen. Die momentane Börsenpanik ist psychologisch begründet.
In den meisten Industriestaaten der Welt und in vielen Emerging Marktes stehen die Wirtschaftsampeln auf Grün. Die Unternehmen wachsen, die Arbeitslosigkeit sinkt kontinuierlich, die Pro-Kopf-Einkommen steigen seit Jahren ebenso regelmäßig, die Zinsen sind historisch niedrig, die Rohstoffpreise lassen die Kassen der Herkunftsländer und deren Produzenten klingeln. Schlussendlich muss festgestellt werden, dass in den produktiven Kernstaaten der Welt, die Steigerungsquoten des Bruttoinlandsproduktes (BIP; eine Maßeinheit für die Produktivität eines Staates) gesundes Wachstum zeigen.
Bei fundamental begründeten Crashs sehen wir häufig einen dramatischen Anstieg auf der Zinsseite. Das ist bis heute nicht der Fall. Ebenso häufig gibt es einen starken Verfall auf der Währungsseite. Auch das ist aktuell nicht zu sehen. Von einem fundamentalen Crash sind wir also ganz weit entfernt.
Kurseinbrüche durch zyklisches Verhalten
Ein treffendes Zitat des Grandseigneurs der Börse – der 1999 verstorbene André Kostolany – lautet
„Aktien kaufen und Baldrian trinken. Wenn Sie wieder aufwachen, haben Sie Geld verdient.“
Der noch unter uns weilende Starinvestor Warren Buffet – einer der reichsten Männer der Welt, der sein Geld ausschließlich mit Aktieninvestments verdient hat, spricht mir aus der Seele:
„Sei ängstlich, wenn andere gierig sind. Sei gierig, wenn andere ängstlich sind“
Ich übersetze mal frei, was er meint:
Handele stets antizyklisch. Mache also immer genau das Gegenteil von dem, was die Masse macht. Wenn alle ihre Aktien verkaufen, sammeln die guten Firmen zu günstigsten Kursen ein. Wenn selbst die kaufen, die eigentlich keine Ahnung haben und vorher nie etwas von Firmenbeteiligungen wissen wollten, sei vorsichtig und fange an, Gewinne zu sichern.
Der durchschnittliche Anleger neigt zum zyklischen Handeln. Angst vor Gewinnreduzierung oder gar vor Verlust ist hier die stärkste Triebfeder. Nach Kostolany sollte man gute Aktien kaufen und dann möglichst für sehr lange Zeit gar nicht mehr auf die Kurse schauen. Anderenfalls könnte man eben dem Herdentrieb verfallen und aus Angst die Aktien wieder verkaufen.
Der jüngste Kurseinbruch seit Februar 2018 ist für mich ein treffendes Beispiel eines solchen Herdentriebes, der keinen fundamentalen Ursprung hat. Es handelt sich um reine Börsenpanik.
Langfristiger Aufwärtstrend intakt
Am Beispiel des deutschen Börsenbarometers DAX betrachten wir uns einmal einen langfristigen Indexverlauf. Bei anderen Indizes der Welt sieht es ähnlich aus.
Seit 2009 – also 9 Jahre lang – kannten der DAX nur eine Richtung; nach oben. Die Korrekturen von 2011 (Dauer: 2 Monate) und 2015 (Dauer: 12 Monate) können als kurz und gesund bezeichnet werden.
Der Aufwärtstrend seit 2010 ist jedoch auch nach den letzten Korrekturen im Februar 2018 noch immer in Takt. Erst bei einem DAX-Stand von ca. 11.430 Punkten wird die untere Begrenzung des Trendkanals berührt. Dann läge eine Abwärtsbewegung von rund 16% seit dem Hochpunkt im Januar (13.600) vor.
„Kaufen, wenn die Kanonen donnern!“
Ein Spross der deutschstämmigen Bankiersfamilie Rothschild hat diese Börsenweisheit bekannt gemacht. Wer dieser Erkenntnis regelmäßig Folge leistet, macht langfristig gute Profite. Im Chart oben ist das sehr schön ersichtlich. Wer zu den Tiefständen im September 2011 Aktien oder Aktienfonds gekauft hat, konnte selbst bei den Tiefständen im August 2015 einen Gewinn von fast 88% verbuchen; in nicht einmal 4 Jahren. Wer erst im August 2015 investierte, würde bei einem möglichen Tiefstand von 11.430 in den nächsten Tagen, noch immer Gewinne von fast 23% in den Büchern haben. Einen anschaulicheren Beweis für die „Kanonen-These“ gibt es wohl kaum.
Zyklisches Verhalten kostet Geld
Bereits in unserem Artikel „Zyklische Anleger verschenken Rendite“ haben wir versucht zu zeigen, wie teuer es werden kann, wenn man der Panik verfällt und dem Herdentrieb der Zykliker folgt. Auch in dem Chart oben, ist dieser Umstand ablesbar. Investieren, weil lange die Kurse nur nach oben gehen („ich fühle mich nun sicher!“) ist ja in Ordnung. Den Versuch des Timing – also den optimalen Einstiegszeitpunkt möglichst nahe zu kommen – soll man von vornherein aufgeben. Wenn das einmal funktioniert, war es purer Zufall und Glück. Dann aber zu verkaufen, wenn es etwas stärker herunter geht, ist fatal. Man realisiert dann tatsächlich Verluste, die vorher nur auf dem Papier standen. Wenn die Kurse wieder steigen, ist man nicht mehr dabei.
Korrekturen und Kurseinbrüche gehören zum Geschäft
Ruhe bewahren. Lassen Sie sich nur nicht von der Börsenpanik anstecken. Wenn die Entscheidung in Firmenwerte zu investieren beim Kauf richtig war, ist sie nicht dadurch falsch geworden, weil die Kurse unerwartet sinken. Kurskorrekturen uns Kursabstürze gehören zum Geschäft der Kapitalanlage.
Ich selbst gehe davon aus, dass wir aktuell nur Kurskorrekturen sehen, die Ihren Ursprung in den eingangs erwähnten Unsicherheiten der Anleger haben. Vermutlich sehen wir bald eine deutliche Kurserholung, selbst wenn wir der Marke von 11.430 Punkten im Dax noch einmal nahe kommen könnten. Immerhin gibt es bei Ständen um 12.000 viele Kaufaufträge an der Börse.
Langfristig sind gute Werte in den letzten 300 Jahren Börsenaufzeichnung immer gestiegen. Manchmal braucht es nur etwas Mut, Geduld und vielleicht sogar Baldrian.
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