Die unerkannte Gefahr ETF
ETF werden in den Medien und sogar von den s.g. Verbraucherschützern als „EierlegendeWollMilchSau“ angepriesen. Immer mehr Berater, Influenzer oder FinanzCoaches springen auf den Zug auf und wollen mit Webinaren und E-Books am Hype um die ETF Geld verdienen. Das kommt bei vielen Verbrauchern sogar ganz gut an, da das Finanzwissen der Deutschen bekanntlich so gut wie gar nicht entwickelt ist. Zu leicht werden Medienberichten und logisch klingende Argumente ohne jegliche Prüfung für wahr und richtig gehalten. Dabei sind immer gleiche Floskeln in den Medien und in den Aussagen der ETF-Jünger zu hören:
„ETF sind günstig und einfach zu handeln.“
„ETF sind viel besser als gemanagte Investmentfonds“.
„ETF sind sicherer und sorgen für eine breite Streuung.“
„Die Investitionen in ETF wachsen seit Jahren, weil auch Profis und Großinvestoren auf ETF setzen.“
„Mit ETF erzielen Sie spielend einfach sehr hohe Renditen.“
Allein das erste Argument kann ich so stehen lassen. Ja, ETF sind günstig und einfach zu handeln.
Alle anderen Argumente hören sich für einen Laien und einen durchschnittlich aufgeklärten Anleger logisch an, sind jedoch in der Aussage falsch. Wer diese Aussagen ungeprüft und ohne tieferes Hintergrundwissen glaubt, begibt sich in eine möglicherweise teure Falle! Die unerkannte Gefahr ETF kann Anlegern viel wertvolles Geld kosten.
ETF eigenen sich nur in sehr wenigen Ausnahmefällen für Privatanleger und Laien. In den Händen von Profis machen ein paar wenige, ausgesuchte ETF durchaus Sinn. So habe ich selbst in meinem Depot lang- oder mittelfristig ausgesuchte ETF, die eine bestimmte Nische abdecken, für die es eben keine wirklich guten gemanagten Investmentfonds gibt.
Wissentlich falsche Medienberichte über ETF?
Bereits seit vielen Jahren versuche ich, auf die unerkannte Gefahr ETF aufmerksam zu machen und die falschen Aussagen in den Medien zu ETF zu widerlegen. In zahlreichen direkten Vergleichen, über die ich sowohl hier auf FinanzBlog also auch in meinen SocialMedia-Kanälen (FB und Instagram) berichte, zeige ich regelmäßig, dass gemanagte Investmentfonds trotz höherer Kosten immer die bessere Wahl sind. Und, dass die unerkannte Gefahr EFT vermeidbar ist.
Ich unterstelle den Medien teilweise pure Unwissenheit. Viele Redakteure sind nachweislich in keiner Weise in Finanzthemen bewandert oder haben nur kurz und oberflächlich recherchiert. Es sollte inzwischen bekannt sein, dass die Medien für diese Berichte von ETF-Anbietern für „redaktionelle“ Artikel (also bezahlte Werbeartikel) sehr üppig entlohnt werden.
Dass die eingangs erwähnten FinanzCoaches und Berater mit ETF eine neue Einnahmequelle entdeckt haben, ist an sich nicht mal verwerflich. Wie jedoch unwissende Privatanleger mit oberflächlichen Floskeln geködert und mit Halbwahrheiten dazu gebracht werden, in ETF zu investieren, kann ich nicht gut heißen. Die unerkannte Gefahr ETF ist nämlich leicht zu begreifen, wenn alle grundlegenden Informationen zu den Märkten, zu Indizes, zu ETF und gemanagten Fonds berücksichtigt werden.
Für eine Recherche habe ich selbst an solchen ETF-Webinaren teilgenommen. Immerhin haben die verschiedenen Webinaranbieter unterschiedliche Quellen, um Einkommen zu generieren. Manche lassen sich für das reine Coaching bezahlen, andere verdienen an Vermittlungsprovisionen der Depotanbieter für Depoteröffnungen und noch andere verdienen an den weiterführenden Webinaren, die dann aber eine oft stattliche Gebühr kosten. Auch ein Mix der genannten Einnahmequellen ist zu finden.
Ich haben bisher jedoch keinen ETF-Verfechter getroffen, der die überwiegenden negativen Eigenschaften von ETF oder gar die hohen Risiken für sich selbst verstanden hat oder in den Webinaren überhaupt anspricht.
Die größten Risiken von ETF
- Große ETF werden systemrelevant
Allein das noch immer wachsende Anlagevolumen in die großen, volumenstarken ETF könnte zu einem systemrelevanten Risiko führen, da die Masse der Privatanleger regelmäßig prozyklisch in ETF investiert. Gekauft werden ETF von den meisten Privatanlegern bei steigenden Kursen. Sobald die Kurse der Indizes deutlich einbrechen, verkaufen die gleichen Anleger aus Angst vor Verlusten ihre ETF wieder. Bei den großen Volumen die bereits bewegt werden, werden die Indizes somit noch stärker nach unten gerissen. Die aufkommende Panik der letzten Kleinanleger, führt dazu, dass die Anleger Geld verlieren und in der Folge vermutlich nie wieder Geld in Börsenwerte investieren.
Dieser Umgang mit ETF führt langfristig also zu dem Effekt, dass Klein- und Privatanleger wieder nur negative Erfahrungen mit der Börse und chancenreicher Kapitalanlage machen. Die Medien erhalten wieder neue Nahrung für unqualifizierte Berichterstattung über das „Teufelszeug Börse & Aktien“. Der Kreis schließt sich.
Das finde ich mehr als schade. Immerhin gibt es keine Anlageform außerhalb der Investition in Aktien – also Investments in den Wirtschaftskreislauf – die langfristig auch nur annähernd an die Renditen von Börseninvestments heranreicht.
- Höhere Risiken durch unerwünschte Übergewichtungen
Am Beispiel des Vergleichsindex MSCI World versuche ich einmal zu erläutern, wie schnell unwissende Kleinanleger in die Falle tappen können und die unerkannte Gefahr ETF sich offenbart.
Der bekannte Index MSCI World zeigt die Entwicklung von fast 1600 Aktien weltweit. Damit ist er jedoch schon lange kein Spiegelbild der weltweiten Marktentwicklung mehr. Er ist inzwischen als Vergleichsindex für ETF der internationalen Unternehmen unbrauchbar.
Der MSCI World ist kapitalgewichtet und hat – Stand Juni 2021 – einen Marktwert von über 57 Billionen US$. Wer denkt, dass der Begriff „World“ meint, dass er breit in Werten der ganzen Welt investiert irrt schon wieder. US-Werte sind mit über 67% im Index vertreten (Stand 06.21). Japan mit 6,8% und Großbritannien mit 4,2%. Der ökonomisch sehr starke EU-Raum ist dagegen kaum vertreten. Selbst Deutschland hat nur einen Anteil von 3% am Index. Rund 90% aller Index-Werte werden in US$ und japanischen Yen gehandelt. Es kommt also noch ein Währungsrisiko hinzu.
Es kommt aber noch krasser.
Die sogenannten FAAMG-Aktien (Facebook, Apple, Amazon, Microsoft, Google) machen rund 14% der Marktkapitalisierung des Index aus. Der Marktwert dieser 5 Aktien allein beträgt zusammen über 6,5 Billionen US-$ (Stand 10.21)
Zum Vergleich: Die 40 DAX-Unternehmen kommen zusammengenommen gerade einmal auf 2,1 Billionen US$ (Stand 11.21). Allein Apple ist mit rund 2,3 Billionen US$ mehr wert, als der gesamte DAX.
Steigen die Kurse der großen US-Hightechaktien weiter, wächst auch die Gewichtung im MSCI World weiter. Die Verzerrung zu den restlichen Aktien wird immer deutlicher. Das sinnvolle Ziel einer breiten Streuung des Kapitals über möglichst viele Regionen und viele Branchen wird konterkariert. Der Vergleichsindex MSCI World ist demnach als Maßstab nicht mehr zu gebrauchen. ETF, die diesen Maßstab abbilden, sind in höchstem Maße riskant und eben nicht – wie allgemein behauptet – ein Garant für risikoreduzierende, breite Streuung des Anlagegeldes. Die unerkannte Gefahr ETF ist nunmehr offensichtlich.
- Kapitalgewichtung führt zu überteuerten Kaufpreisen in die ETF
Die meisten der großen Börsenindizes, die von ETF abgebildet werden, sind kapitalgewichtet. So gelangen neue Aktientitel erst in den Index – und damit in den ETF – wenn die Kurse bereits sehr stark noch oben gelaufen sind. Die Anleger eines solchen EFTs kaufen also zu sehr hohen Kursen ein.
Was das genau für den ETF-Anleger bedeutet, zeigen ich unten an diversen Beispielaktien.
- Das ETF-Risiko entsteht im Index
Im September diesen Jahres habe ich über grundlegende Veränderungen in den deutschen Aktienindizes ab 20.09.21 – DAX und MDAX – berichtet. Neue Reglements sorgen dafür, dass die Indexzusammensetzung heute schneller verändert werden kann. Mit Wirkung zum 20.09.21 kam es bereits zu einem Austausch von Aktien in den Indizes.
In diesen Indexveränderungen manifestiert sich noch einmal das unbekannte Risiko ETF sehr deutlich. Wie oben bereits erwähnt, kommt es bei kapitalgewichteten Indizes regelmäßig zu einem Austausch von Aktien, weil noch nicht im Index enthaltene Titel irgendwann einmal durch stark steigende Kurse einen höheren Börsenwert aufweisen als Aktien, die bislang im Index sind. Zu bestimmten Stichtagen kommt es also zu einem Austausch dieser Werte.
Schauen wir uns einmal ein paar Beispiel an und sehen, welche Auswirkungen das für Anleger des jeweiligen EFTs hat.
K+S AG (DAX)
In 1 ¼ Jahren verdreifachte sich K+S und wurde – durch den erreichten Börsenwert – Ende September 2008 in den DAX aufgenommen. Anleger, die den DAX-ETF (oder ETF, die ebenfalls K+S abbilden mussten) bereits besaßen oder nach dem 22.09.08 kauften, hatten von der Verdreifachung des Aktienwertes nichts.
Nach 5 ½ Jahren wurde K+S mit einem Minus von 60% aus dem DAX wieder entlassen. ETF-Anleger waren anteilig an diesem Verlust von 60% beteiligt.
ProSiebenSat 1. Media AG (DAX)
Die ProSieben brauchte immerhin 4 Jahre vor der Aufnahme in den DAX für die Verdreifachung ihres Kurses. Dafür mussten die Aktien den DAX nach nur 2 Jahren schon wieder verlassen und hinterließ einen Kursverlust in dieser Zeit von rund 39%.
Von dem Anstieg bis zur DAX-Aufnahme hatten ETF-Anleger leider nichts. Allerdings mussten sie den (anteiligen) Verlust von fast 40% in nur 2 Jahren hinnehmen.
Wirecard (DAX)
Vor der Aufnahme in den DAX explodierte die Wirecard-Aktien um fast 1.900%. Anleger in DAX-ETF gingen bis zur Aufnahme in den DAX leider leer aus.
Nach nicht einmal 2 Jahren brach das Kartenhaus des Skandalwertes in sich zusammen. Wirecard ging Konkurs. Die DAX-ETF-Anleger waren so an einem Kursverlust von über 99% beteiligt.
Deutsche Bank AG (STOXX50)
Bei Auflegung des europäischen STOXX50-Index 1998 war die Deutsche Bank eines der wertvollsten und angesehensten Unternehmen in Europa.
Allein in den letzten 10 Jahren vor dem Rauswurf aus dem Index am 24.09.2018 verlor die Aktie 85% ihres Wertes, die ETF-Anleger des Euro Stoxx50 zu spüren bekamen.
ETF-Anleger sind meistens ahnungslos
Die Beispiele der o.g. Aktien zeigen, dass das Problem nicht nur im ETF selbst liegt, sondern im jeweiligen durch den ETF abgebildeten Index. Der ETF importiert das grundlegende Marktrisiko des Index und zusätzlich das Änderungsrisiko des Index. ETF-Anleger kennen diese Zusammenhänge in der Regel nicht. Das unerkannte Risiko ETF wird nicht entdeckt, weil Finanzwissen fehlt. Im Vertrauen auf eine breite Streuung und qualitativ hochwertige Unternehmen laufen sie regelmäßig in die Werbe-Falle.
Das werbewirksame Argument „kostengünstig“ lockt erfolgreich. Die Argumente „breite Streuung“ und „einfache Handhabung“ überwinden die letzten Zweifel der Privatanleger ohne Finanzwissen. Die regelmäßigen Meldungen, nachdem inzwischen fast monatlich neue ETF aufgelegt werden und das Anlagevolumen jährlich wächst, bestätigen die Laien in ihrer Entscheidung.
„Was günstig ist, ist gut. Was jeder kauft, muss gut sein!“
Dass die meisten der inzwischen gehandelten ETF wenig transparent sind und die günstigen Handels- und Verwaltungskosten doch teuer erkauft werden müssen, realisieren ETF-Anleger leider erst, wenn mit Verlust verkauft werden muss, weil die Erwartungen nicht erfüllt werden.
Das muss nicht sein.
ETF kosten den meisten Anleger viel Geld
Trotz geringerer Handels- und Verwaltungskosten sind ETF in der Regel für Anleger die schlechtere Wahl. Neben dem vollen Marktrisiko – welches Privatanleger eigentlich vermeiden wollen – kosten ETF den Anlegern langfristig sehr viel Geld.
Die Grafik unten zeigt ausgewählte ETF auf den MSCI World und aktive Fonds, die ebenfalls weltweit investieren. Die MSCI World-ETF legten in 5 Jahren durchschnittlich stolze 90% an Wert zu. Keine so üble Wertsteigerung.
Trotz deutlich höherer Verwaltungskosten ist der Kapitalzuwachs der aufgeführten aktiven Investmentfonds über nur 5 Jahre Laufzeit im Durchschnitt aber genau doppelt so hoch. Im besten Fall sogar bis zu 2,5 mal so hoch.
Es fällt nun leicht sich vorzustellen, wie ein solcher Vergleich über 10, 20 oder mehr Jahre ausfallen wird.
Für Privatanleger gilt: Finger weg von ETF
Kapitalanlage gehört in Profihände. Sowohl was Verwaltung angeht, als auch Beratung. Trotz höherer Anschaffungs- Verwaltungs- und Beratungskosten sind individuelle Investmentfondsdepots mit aktiv gemanagten Fonds langfristig rentabler, transparenter und weisen zudem noch ein deutlich geringeres Risiko (Volatilität) in Form von Wertschwankungen auf.
Beispiele für meine Behauptung zeige ich immer wieder regelmäßig hier auf FinanzBlog oder auf meinen SocialMedia-Auftritten auf Facebook und Instagram.