Garantierter Rentenfaktor – Teil 2

Rentenfaktor

Fondsgebundene Rentenversicherungen und der Rentenfaktor – Spielchen mit dem Tod

Ein Artikel in zwei Teilen – Heute – 2. Teil:

Hier finden Sie den 1. Teil vom 20.11.12 > Rentenfaktor – Spielchen mit dem Tod

Fallstricke und Tricks mit dem garantierten Rentenfaktor

Warum ist ein garantierter Rentenfaktor in den Angeboten so unterschiedlich hoch ? 

Mit dem garantierten Rentenfaktor sprechen die Versicherer eine Mindesthöhe verbindlich aus. Da diese Höhe zum Rentenbeginn gesetzlich garantiert ist, muss der Versicherer dafür sorgen, dass diese Höhe auch tatsächlich lebenslang gezahlt werden kann.

Ein garantierter Rentenfaktor wir von den Versicherungen aus unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen berechnet. Zum einen sind das die zugrunde gelegten „Sterbetafeln“. Zum anderen sind das auch Rechnungszinsen. Da beide Fakten heute jedoch nicht wirklich für die Zukunft vorausgesagt werden können, werden Sicherheitsabschläge für die Rentenfaktoren berücksichtigt. Je nach Gewichtung und Einschätzung dieser „Unsicherheitsfaktoren“ durch die Versicherer, fallen die Rentenfaktoren bei den Versicherungsgesellschaften unterschiedlich hoch aus. Dabei sollte beachtet werden, dass auch ein garantierter Rentenfaktor als Entscheidungskriterium allein nicht ausreichend ist.

Rentenfaktoren werden „attraktiv“ gemacht

Weil es scheinbar doch viele Verbraucher gibt, die die Wahl eines Produktes nach der Höhe des garantierten Rentenfaktors treffen, versuchen die Versicherer, auch diesen garantierten Rentenfaktor optisch „hübsch“ zu machen. Der Faktor wird umso höher, je höher die Rechnungszinsen sind, die eingerechnet werden. Je geringer das Langlebigkeitsrisiko ausfällt, welches in den Sterbetafeln dokumentiert ist, desto höher wird der Rentenfaktor, da die Renten in diesem Fall nicht so lange gezahlt werden müssen, als wenn eine Sterbetafel für die Kalkulation verwendet wird, die statistisch ein höheres Lebensalter ausweist. Manche Gesellschaften legen auch nur einen Teil einer Sterbetafel (z.B. 50%) als Grundlage für den Rentenfaktor fest. Doch die Sicherstellung eines hohen garantierten Rentenfaktor ist für die Gesellschaften relativ teuer, da für diese Garantie Kapitalmittel zurück gestellt werden müssen.

Solvency II wird die Rentenfaktoren beeinflussen

Die Versicherer befinden sich demnach in einer „Zwickmühle“:

Ist der Rentenfaktor zu gering, erscheint das Angebot weniger interessant (was grundsätzlich eine falsche Überlegung ist !) Ist er zu hoch, bleibt das Risiko, dass die Renten nicht komplett ausfinanziert sind und die Differenz mit Eigenkapital des Versicherers gedeckt werden muss. Das würde den Aktionären gar nicht gefallen. Weiterhin würde der Einsatz von Eigenkapital die Bonität des Versicherers erheblich belasten. Mit Solvency II wird in Zukunft das Problem für die Versicherer noch größer. Der Autor geht davon aus, dass viele Versicherer erhebliche Reduzierungen Ihrer garantierten Rentenfaktoren vornehmen müssen, um nicht Gefahr zu laufen, die Kriterien für die Eigenkapitalausstattung nicht erfüllen zu können oder zumindest einen schlechten Wert zu erhalten.

Ein niedriger garantierter Rentenfaktor wird oft kompensiert

Gesellschaften, die niedrige Rentenfaktoren ausweisen, weil sie vorsichtige Annahmen der schwer vorhersehbaren Faktoren zugrunde legen (eine seriöse und wünschenswerte Handhabung) sind sie aber oft weniger attraktiv für den Interessenten, der Wert auf einen hohen Rentenfaktor legt. Daher wird versucht, diesen niedrigen Rentenfaktor mit anderen, positiven Ausstattungen der Police wieder auszugleichen. Als Beispiel sind hier Rentenpolicen der Canada Life oder der Allianz genannt, die in der Regel einen deutlich niedrigeren Rentenfaktor garantieren, als die Mitbewerber. Die Canada Life berücksichtigt u.a. im Rentenfaktor keinerlei Gewinnanteile in der Zukunft. Diese kommen demnach bei Rentenbeginn noch „on top“ oben drauf. Damit steigt die Rente aufgrund des garantierten Rentenfaktors auf jeden Fall um den Teil der dann erzielten Überschüsse, während die (nicht garantierten Überschüsse bei den Mitbewerbern in den prognostizierten Gewinnrenten bereits enthalten ist. Die Canada Life legt einen großen Wert darauf, eine möglichst hohe Kapitalbasis zum Vertragsende erreichen zu können. Je höher nämlich der Kapitalwert der Police am Ende, desto höher kann eine Rente ausfallen. Weiterhin bieten die Rentenprodukte der Canada Life die so genannte „Marktoption“. Diese sichert dem Kunden zu, bei Rentenbeginn das Rentenangebot aus der Police mit einem Gegenangebot eines anderen Versicherers vergleichen zu lassen. Sollte ein Mitbewerber bei gleicher Kapitalgrundlage eine höhere Rente anbieten, so sichert die Canada Life zu, diese (höhere) Rente zu zahlen. Eine durchaus interessante „Sicherheit“, später die jeweils höchste am Markt erzielbare Rente zu erhalten. Nur ist heute auf keinen Fall sicher, dass in Zukunft die Versicherer auch eine höhere Rente als die Canada Life zahlen können. Für den Fall, dass die Mitbewerber nicht mehr bieten können, hat die Canada Life durch ihren niedrigen Rentenfaktor ein geringes Risiko hinsichtlich verlängerter Lebenszeit in der Zukunft.

Bewertung von Rentenfaktoren aufgrund realistischer Annahmen

Niedrige Rentenfaktoren erfüllen – auf den ersten Blick – nicht unbedingt Ihr Wunsch nach einer möglichst hohen Rente. Die ausgleichenden Optionen – wie bei der Canada Life – müssen zu Ihren Erwartungen an ein Produkt und an den Wunsch nach Flexibilität passen. Darüber hinaus benötigen Sie ein tiefes Vertrauen in die Fähigkeiten des Versicherungsunternehmens. Insgesamt sind die Grundlagen der Canada Life – Produkte durchaus positiv zu betrachten; allerdings nur, wenn Sie diese Verträge bis zum Ende erfüllen. Eine vorzeitige Kündigung des Vertrages bei der Canada Life führt – durch dann fehlende Bonifikationen während der Laufzeit und einen hohen Schlussbonus am Vertragsende – zu einer geringeren Kapitalbasis und somit zu einer niedrigeren Rente. Die durchschnittlich höheren Abschluss- und Vertragskosten bei dieser Gesellschaft, werden erst durch die Bonifikationen bis zum Vertragsende deutlich reduziert. Daher ist hier „Durchhalten“ unbedingt einzuplanen.

Die Drohung des § 89 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz)

Das Risiko das eine Gesellschaft mit einem (zu) hohen garantierter Rentenfaktor eingeht könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Versicherer bei Rentenbeginn eventuell feststellt, dass er bei der Kalkulation komplett daneben lag und … die Rentenzahlungen zur Insolvenz des Versicherers führen wird. Und in diesem Fall kann der Versicherer dann doch eine deutlich geringere Rente (oder sogar gar keine !) zahlen.

§ 89 Zahlungsverbot; Herabsetzungen von Leistungen

(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten finden entsprechend Anwendung.

(2) Unter der Voraussetzung in Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn es besondere Umstände rechtfertigen, namentlich wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer als in einer anderen begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt, sonst diese unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.

(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 7) beschränkt werden.

Dieser Paragraph schwebt über allen Versicherungsnehmern von Lebens- und Rentenversicherungen aller Couleur. Er dient quasi als Rettungsanker für die gesamte Versicherungsbranche. Es sollte betont werden, dass es in diesem Paragraphen nicht um die „Rettung“ des Versicherungsunternehmens allein geht. Mit den geschilderten Möglichkeiten die Leistungen „anzupassen“, soll die Gesamtheit der Versicherten geschützt werden. Nach dem Motto „lieber weniger Leistung (hier: Rente) als gar keine“ wäre die Anwendung dieses § 89 VAG zwar ein Schlag ins Gesicht aller, die Ihren Ruhestand mit Geduld, Durchhaltevermögen und mit Geld geplant und erreicht haben, aber eine solche Bestimmung sollte immer aus allen Blickwinkeln betrachtet werden.

Angst und Panik ist nicht angebracht

In einigen Internetforen und Beiträgen wird dieser Paragraph als „Damokles-Schwert“ für die Verbraucher tituliert. Selbst von „regalisiertem Betrug“ wird gesprochen.

Zur Beruhigung der Leser sein deutlich gemacht, dass es in Deutschland bis heute noch niemals zu einer Anwendung des § 89 VAG kam. Selbst der 2003 drohende Konkurs der Mannheimer Lebensversicherung führte nicht zu dessen Anwendung. In einer „konzertierten Aktion“ wurde damals von den deutschen Lebensversicherern die Auffanggesellschaft Protektor AG gegründet, die heute als Sicherungsfonds für die Branche fungiert und von den Lebensversicherern finanziert wird. Für Versicherte der Mannheimer gabe es viele Jahre keine Überschußbeteiligungen mehr für Ihre Verträge. Garantierte Leistungen wurden jedoch unverändert an die Versicherten gezahlt.

Fazit:

Ein garantierter Rentenfaktor ist der bislang einzige Maßstab für die Berechnung von möglichen Renten innerhalb von fondsgebundenen Rentenversicherungen. Damit sind diese Rentenfaktoren ein wichtiges Kriterium, das geprüft und verglichen werden sollte. Aber eben nur eines von vielen. Ein direkter Vergleich der Rentenfaktoren ist dabei ohnehin nicht möglich, da – wie oben beschrieben – die Grundlagen zur Berechnung bei den Versicherern unterschiedlich sind und auch unterschiedliche Ziele verfolgen.

Verlassen Sie sich bei der Auswahl der für Sie geeigneten fondsgebundenen Rentenversicherung unbedingt auf den Sachverstand Ihres Beraters und … auf Ihren gesunden Menschenverstand.

Ein Dank an eine Kundin

Dieser Artikel entstand aufgrund eines Beratungsprozesses zur einer Ruhestandsplanung einer treuen Kundin. Nachdem als ein Baustein zur Altersvorsorge eine fondsgebundene Rentenpolice gewählt wurde, fielen der Kundin die unterschiedlich hohen Rentenfaktoren auf, ohne dass in der Beratung sofort darauf hingewiesen wurde. Daraus entstand eine vertiefte Beratung über dieses Kernelement und eine interessante Betrachtung der möglichen zukünftigen Entwicklung dieser Rentenfaktoren. Daraufhin entstand die Idee, diese „Feinheiten“ einer breiten Leserschaft zur Verfügung zu stellen.

Herzlichen Dank liebe Frau W.

Foto: Tafel+67320+Gerd-Altmann / pixabay.com  

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