Investmentsteuerreform 2018 – Steuerfreie Altbestände

Vorabpauschale

Investmentsteuerreform 2018

Für Fondsanleger wird mit der Investmentsteuerreform ab dem 01.01.2018 einiges anders. Alle bisher bekannten Steuerregelungen ändern sich grundlegend. Es wird behauptet, dass es komplizierter wird. Viele unserer Fondsdepotkunden fragen seit vielen Wochen, ob das neue Gesetz Nachteile bringt oder eher Vorteile.

Welche Auswirkungen die Steuerreform für Investmentfondsanleger wirklich mit sich bringt, versuchen wir in einer Artikelserie in den nächsten Wochen in möglichst einfacher Sprache zu erläutern.

Folgende Fragestellungen werden wir in der Artikelserie versuchen zu beantworten:

 


Teil 2 – Investmentsteuerreform 2018 – Steuerfreie Altbestände? Was passiert damit?

Das Privileg, nach einer Frist von 12 Monaten steuerfreie Kursgewinne mit Aktien und Investmentfonds realisieren zu können, wurde zum 31.12.2008 aufgehoben. Mit Jahresbeginn 2009 wurde die Abgeltungssteuer auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne direkt vom jeweiligen Finanzinstitut mit 26,375 % (inkl. Soli Zuschlag) ans Finanzamt abgeführt. Wer jedoch Kursgewinne mit Anlagen realisierte, die vor 2009 gekauft wurden, konnte die Gewinn weiterhin steuerfrei einstreichen.

Steuerfreie Altbestände verlieren den Bestandsschutz

Mit dem Investmentsteuergesetz ist ab dem 01.01.18 auch diese Möglichkeit gestrichen worden. Da das neue Investmentsteuergesetz den sonst üblichen Bestandsschutz aushebelt, wurde für jeden Anleger mit Altbeständen ein ausgleichender Freibetrag in Höhe von € 100.000 geschaffen. Ein Gemeinschaftsdepot von Eheleuten verfügt somit über den doppelten Freibetrag.

Der Freibetrag bewirkt, dass Kursgewinne von Altbeständen beim Verkauf nach dem 01.01.18 bis zu € 100.000 je Anleger mit Anmeldung in der Steuererklärung steuerfrei gestellt werden. Verluste erhöhen diesen Freibetrag wieder, wobei die Obergrenze des Freibetrags nicht erhöht werden kann.

Die Freibetragsregelung für steuerfreie Altbestände ist positiv zu bewerten, da Kursgewinne mit dem fiktiven Verkauf der Altbestandsanteile durch die Depotbank zum 31.12.17 komplett steuerfrei bleiben und bei einem späteren (realen) Verkauf steuerfrei ausgezahlt werden. Nur die Kursgewinne, die ab dem fiktiven Kaufdatum 01.01.18 bis zum Verkaufstag berechnet werden, fallen unter die Freibetragsregelung. Klingt kompliziert? Ist aber ganz einfach, wie unser Schaubild weiter unten veranschaulichen soll.

Die kontoführenden Stellen haben inzwischen Investmentanteile aus Altbeständen, die vor dem 01.01.2009 gekauft wurden, zum 31.12.17 fiktiv verkauft und per 01.01.18 – ebenso fiktiv – zurück gekauft.

Wie wird der steuerpflichtige Kursgewinn ermittelt?

An einem Beispiel zeigen wir, wie steuerfreie Altbestände bei Verkauf nach dem 01.01.2018 besteuert werden:

Die ab dem 01.01.18 geltenden Regelungen zur Vorabpauschale (siehe Teil 3 unserer Artikelserie) und der Teilfreistellung von Erträgen (siehe Teil 4 unserer Artikelserie) werden hier zur Vereinfachung nicht berücksichtigt. Diese Effekte reduzieren die Steuerlast und verringern damit den Abzug vom Freibetrag.

  1. Ein Fondsdepot hat steuerfreie Altbestände, die vor dem 01.01.09 mit einem Wert von € 50.000 gekauft wurden.
  2. Die Depotbank wendet die Veräußerungsfiktion an und ermittelt zum 01.01.18 einen fiktiven Kaufpreis von € 110.000.
  3. Am 31.07.18 haben die Altanteile einen Wert von € 115.000. Der Anleger verkauft Anteile im Wert von € 65.000.
  4. Von dem Verkaufserlös über € 65.000 werden € 60.000 steuerfrei ausgezahlt. Von den verbleibenden € 5.000 Kursgewinnen, führt die Depotbank € 1.390 (25% Abgeltungssteuer zzgl. Soli und Kirchensteuer) ans Finanzamt ab.
  5. In der folgenden Steuererklärung gibt der Anleger die Transaktion an und macht damit die Freibetragsregelung geltend.
  6. Das Finanzamt erstattet die € 1.390 an den Anleger zurück. Der verbleibende Freibetrag sinkt auf € 95.000.

Achtung ausländische thesaurierende Fonds im Altbestand

Schwierig wird es für Anleger, die steuerfreie Altbestände von ausländischen Fonds halten, welche die Erträge thesaurieren. Hier könnte die Investmentsteuerreform zu einer Doppelbesteuerung führen, die möglicherweise nicht durch eine Steuererklärung revidiert werden kann.

Die im Fonds verbleibenden Erträge (ausschüttungsgleiche Erträge) wurden i.d.R. bereits im Jahr der Thesaurierung versteuert. Bei Verkauf dieser Altbestandfonds werden die Erträge (hier: Kursgewinne) noch einmal – gem. Investmentsteuerreform 2018 – versteuert. Wer die Freibetragsregelung in Anspruch nehmen will, muss Thesaurierungsabrechnungen aller Anlagejahre vorlegen. Da das Finanzamt keine Belege aufbewahrt, müssen bei der Geltendmachung des Freibetrages zu den Kursgewinnen, diese Belege vom Anleger noch einmal vorgelegt werden. Wer diese Unterlagen nicht abgelegt hat, könnte mit der Anerkennung der bereits gezahlten Ertragssteuer Pech haben.

Es bleibt abzuwarten, ob das den Anlegern zugemutet werden kann. Immerhin konnte kein Anleger in der Vergangenheit mit einer solchen Steuerreform rechnen. Die ersten Gerichtsurteile werden sicher nicht lange auf sich warten lassen.


Wichtige Hinweise: Alle vorgenannten Hinweise dienen der allgemeinen Information und berücksichtigen nicht die konkrete Situation eines Anlegers. Der Inhalt wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und entspricht dem Informationsstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Die Informationen stellen keine Anlageempfehlung bzw. Anlageberatung oder eine Steuerberatung bzw. Rechtsberatung dar und können daher keinesfalls eine einzelfallorientierte Beratung ersetzen. Insbesondere gehen mit dieser Darstellung kein Angebot und keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Investmentfondsanteilen einher. Die steuerliche Behandlung ist im Übrigen von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Anlegers abhängig und kann künftig Änderungen unterworfen sein. Zu Risiken und Nebenwirkungen, fragen Sie bitte Ihre Steuer- oder Finanzberater.


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