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Kapitallebensversicherung

Eignen sich Kapitallebensversicherungen noch zur Altersvorsorge oder als Hinterbliebenenabsicherung?

Eine kritische Betrachtung!

Kapitallebensversicherung – Altersvorsorge oder Hinterbliebenenschutz?

Die Kapitallebensversicherung (KLV) ist in Deutschland noch immer die häufigste Vertragsform zur Altersvorsorge. Da bei der KLV – gemessen am gezahlten Beitrag – der Todesfallschutz, relativ gering ausfällt, konzentrieren sich Vertragsinhaber (oder besser die Vermittler der KLV) auf die Funktion der KLV als „Sparvertrag“ für das Alter. Die KLV ist dabei als besonders sicher angesehen, weil bekanntlich deutsche Lebensversicherungen das Kapital der Kunden in sichere Anlagen – z.B. Anleihen, Darlehen, Pfandbriefe, Immobilien – investieren müssen. Der Anteil, der risikoreicher – z.B. in Aktien – investiert werden darf, ist auf 35% maximiert. Die vermeintliche Sicherheit der Kapitallebensversicherung wird jedoch mit einer mageren Rendite (Verzinsung) der gezahlten Beiträge erkauft.

Wie erzielt die Kapitallebensversicherung Rendite?

Die Rendite einer Kapitallebensversicherung bemisst sich durch das Verhältnis der eingezahlten Beiträge zur Summe der Kapitalauszahlung vor oder nach Steuerabzügen bei Auszahlung oder vorzeitiger Kündigung (Rückkauf).  Überschüsse (Erträge) werden vom Versicherungsunternehmen in verschiedenen Bereichen erzielt.

a)      Garantieverzinsung

Um die vertraglichen Verpflichtungen jeder Zeit erfüllen zu können müssen Lebensversicherungen Rückstellungen in einem Deckungsstock bilden. Diese Deckungsrückstellungen müssen mit einem Mindestzinssatz verzinst werden.

Garantieverzinsung LebensversicherungDiese Mindestverzinsung – deren korrekte Bezeichnung Höchstrechnungszins lautet –  wird vom Bundesministerium der Finanzen festgelegt und darf maximal 60% der durchschnittlichen Umlaufrendite 10-jähriger Staatsanleihen des Euroraums betragen. Daher steht dieser Mindestzins in direkter Abhängigkeit mit der Umlaufrendite europäischer Anleihen, welche in den letzten Jahren immer weniger Renditen abwarfen. Die Mindestverzinsung deutscher Lebens- und Rentenversicherungen hat sich seit 2000 regelmäßig nach unten entwickelt.

b)      Zinsüberschüsse

Die Kapitalanlage des Deckungsstocks erfolgt durch den Versicherer und erwirtschaftet bislang mehr Zinsen, als die Mindestverzinsung erfordert. Diese Zinsüberschüsse werden einem weiteren Überschusstopf zugeführt, den Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB). Dabei müssen die erzielten Nettogewinne zu mind. 90% diesem RfB-Topf zugeführt werden. Nur der Rest darf an die Aktionäre ausgeschüttet oder den Unternehmensrückstellungen zugeführt werden.

Versicherer müssen ihre Tarife vorsichtig kalkulieren. Werden z.B. geringere Kosten für die Vertragsverwaltung benötigt, als vorher kalkuliert, fallen Überschüsse (Gewinnanteile) an. Gleiches gilt für Risikogewinne die entstehen, wenn z.B. weniger Menschen in einen Jahr versterben, als vorher – bei der Beitragskalkulation – angenommen.

Welche Teile der Überschüssen stehen dem Versicherungsnehmer zu?

Seit 2008 sind in § 153 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die Mindestanforderungen für die Beteiligung der Versicherungsnehmer am Überschuss der Lebensversicherungsgesellschaft geregelt. Deutschland hat insgesamt die strengsten und detailliertesten Vorschriften zur Überschussbeteiligung der Vertragsinhaber weltweit. Auf welche Weise die Kunden an den Überschüssen beteiligt werden müssen, ist im § 81 c VAG  (Versicherungsaufsichtsgesetz) geregelt. Ein wichtiger Kernpunkt dieser Regelung sagt aus, dass die Versicherungsnehmer nur an den positiven Überschüssen zu beteiligen sind und negative Ergebnisse aus anderen Überschussquellen nicht aufgerechnet werden dürfen.

Jedes Jahr gibt eine Lebensversicherung bekannt, wie hoch der Satz der Überschussbeteiligung (auch „laufende Verzinsung“ genannt) im laufenden Kalenderjahr an den Kapitalerträgen und den Kostengewinnen ist, der dem Kundenvertrag zusteht. Die Mittel für diese Überschussbeteiligung wird dem o.g. RfB-Topf entnommen. Damit ist der Überschussanteilssatz immer nur für das laufende Geschäftsjahr verbindlich und niemals für die Zukunft garantiert. Die Überschussanteile ändern sich somit jährlich.

Anders als die laufende Verzinsung – die in der Regel unwiderruflich im Jahr der Überschussdeklaration dem Vertrag zugeteilt wird – werden Teile der Überschüsse in einem besonderen (Teil-)Topf der RfB verwahrt und meist erst bei Vertragsbeendigung (Ablauf, Kündigung, Versicherungsfall) verbindlich zugeteilt. Diese Schlussüberschussanteile sind somit meist nicht verbindlich und können im Verlauf des Vertrages schwanken. Die verbindliche Zuteilung dieser Schlussüberschussanteile erfolgt zu einem zukünftigen Zeitpunkt in unbekannter Höhe. Je früher das Versicherungsunternehmen Anteile des Schlussüberschusses verbindlich zuteilen wird, desto geringer werden diese ausfallen. Schlussüberschussanteile werden damit zu einem Instrument der „Belohnung“ und „Steuerung“ der Versicherungskunden.

Versicherungen müssen nach handelsrechtlichen Vorschriften den Wert Ihrer Kapitalanlagen bemessen. Diese sind nach dem Niederstwertprinzip in den Bilanzen anzugeben. Gemeint ist damit der jeweils niedrigere Wert aus Anschaffungskosten (z.B. Kaufpreis) und Marktwert (z.B. aktueller Kurs/Preis). Die Differenz wird als Bewertungsreserve jährlich ermittelt und ausgewiesen. Da die Ermittlung jährlich zu erfolgen hat – und sich Preise regelmäßig verändern – ist die Bewertungsreserve veränderlich. Erst bei Vertragsablauf ist der dann festgestellte Wert der Bewertungsreserven anteilig dem Vertrag zuzuschreiben. Der bereits oben zitierte § 153 VVG schreibt vor, dass die Bewertungsreserven zu 50% dem Versicherungsnehmer gutzuschreiben sind. Die restlichen 50% dienen der Sicherung des Unternehmensvermögens.

Werden Versicherungsnehmer teilweise enteignet?

Die Bewertungsreserven stehen aktuell im Fokus der Politik. Um die Lebensversicherungen aufgrund der momentanen Niedrigzinsphase in ihrer finanziellen Situation zu schützen, sollen Teile der Bewertungsreserven von der Verteilung (50:50) ausgenommen werden, um einen Sicherungsbedarf (Stabilitätsreserve) vorzuhalten. Es wird argumentiert, dass damit die Versicherungsgemeinschaft (alle Versicherungsnehmer) insgesamt geschützt werden würde.

Renteninformation

Für den Autor kommt dieser Eingriff in Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes (siehe § 153 VVG) eine Enteignung der Versicherungsnehmer gleich. Schlechtes Kapitalmanagement darf nicht dazu führen, dass Kapital – welches den Versicherungsnehmern zusteht – dazu verwendet wird, um die Lebensversicherer zu „stützen“. Dadurch verringert sich die Rendite aus Lebensversicherungen weiter. Auch das Argument der Solidargemeinschaft der Versicherungsnehmer ist angreifbar. Welcher Versicherungsnehmer hat – bei der Planung und Durchführung seiner eigenen Altersvorsorge – andere Versicherungskunden im Fokus? Altersvorsorgeplanung ist und bleibt ein persönliches Refugium. Produktanbieter werben lautstark mit „Individualität“ und „individuellen Produktlösungen“. Es darf nicht sein, dass Kundengelder, die einem bestimmten Zweck dienen, für andere Zwecke mißbraucht werden. Wie stark muss eine Lobby sein – oder wie schwach die Politik – wenn eine solche „Enteignung“ legitimisiert wird? Wie würden Sie eine solche Legitimierung der „Zweckentfremdung“ der Bewertungsreserven beurteilen? Sagen Sie uns in den Kommentaren bitte Ihre Meinung.

Kapitallebensversicherung – Altersvorsorge mit niedriger Rendite

Die Summe aus laufender Verzinsung, Schlussüberschussanteile und zugeteilte Bewertungsreserven werden von den Versicherern gern mit „Gesamtverzinsung“ bezeichnet. Ein Begriff, der zumindest zu Missverständnissen bei den Verbrauchern führt. Die Gesamtverzinsung bezieht sich nämlich nicht auf die gezahlten Beiträge, sondern nur auf den Deckungsstock. Der Deckungsstock ist die Kapitalsumme der Beiträge nach Abzug oben erwähnten Kosten für Vertragsabschluss, Vertragsverwaltung und Risikokosten. Damit wird also nur ein Teil der gezahlten Beiträge verzinst. Legt man nun aber die gezahlten Beiträge als Maßstab zugrunde, ist die echte Beitragsrendite geringer als die „Gesamtverzinsung“. Legt man die durchschnittlichen Überschüsse der letzten Jahre zu Grunde beträgt die Beitragsrendite deutlich unter 2% p.a. Tendenz fallen.

Gut zu wissen:

Ob das eine akzeptable Rendite für eine Altersvorsorge ist, die meist 30 Jahre oder länger angespart wird, muss jeder für sich entscheiden. Berücksichtigt werden sollte dabei immer die Inflation – aktuell bei ca. 2,5% p.a. Um diesen Prozentsatz sind die o.g. Renditen aus den Kapitallebensversicherungen (und auch den konventionellen Rentenversicherungen, die ähnlich aufgebaut sind) noch einmal zu korrigieren.

Die echte Rendite (Beitragsrendite) einer Kapitallebensversicherung ist – bezogen auf die eingezahlten Beiträge – wenig erfreulich und bewegt sich im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte nur knapp über der Inflationsrate.  Beachtet werden sollte dabei, dass die mageren Renditen von konventionellen Produkten im Allgemeine – also nicht nur ein Problem der Kapitallebensversicherung, sondern auch der konventionellen Rentenversicherung und damit aller Deckungsstock-Produkte – nicht durch die Inflation direkt verursacht sind. Inflation ist immer nur eine Reaktion auf die Zinsentwicklung selbst. Die Produktkonfigurtion selbst (Deckungsstock) und die daraus resultierende Herkunft der Renditen des Deckungsstocks ist die Ursache des Übels. Dabei bieten die gesetzlichen Vorschriften auch für diese Produktgattung ausreichende Möglichkeiten eine höhere Rendite zu erzielen.

Eine höhere Rendite für die Kapitallebensversicherung wird verschenkt. Die Regelungen für Deckungsstockprodukte sehen eine Obergrenze von 35% an Investments z.B. an Produktivkapital (also Aktien) zu. Warum aber investieren deutsche Lebensversicherer im Schnitt nicht mehr als 5% in Aktien ? Aktieninvestments sind – aller Krisen und Börsenturbolenzen zum Trotz – nach wie vor als langfristige Anlage unter Renditegesichtspunkten nicht zu ersetzen.

Für die Kunden einer Kapitallebensversicherung kann das bei einem Anteil von ca. 5% des Deckungsstocks in Aktien durchaus bestätigt werden. Doch wenn es darum geht, ob das Unternehmen selbst – also mit Firmenkapital – ebenso die große „Angst“ vor Aktien zeigt, lohnt ein Blick in die Bilanzen und Unternehmenshistorien. Es muss hier einmal gefragt werden, warum denn die größten Lebensversicherer selbst Aktiengesellschaften sind und selbst in andere Aktiengesellschaften investieren, in dem sie sich Beteiligungen einkaufen oder gleich das ganze Unternehmen kaufen ?

Konventionelle Produkte (wie Kapitallebensversicherung und Rentenversicherungen) erzielen durch die oben beschriebene Verwaltung des Kapitals im Deckungsstock der Lebensversicherer seit vielen Jahren unbefriedigende Nettorenditen (nach Inflationsverrechnung); mit aktuell sinkender Tendenz. Die Problematik, der erzielbaren Anlagerenditen durch die Verpflichtung überwiegend in sichere Anlagen zu investieren wird dadurch verstärkt, dass sämtliche deutsche Lebensversicherer die mögliche Obergrenze an renditestarken Anlagen (z.B. Aktien) von 35% zu keiner Zeit auch nur annähernd ausnutzen. Ganz anders, als übrigens angelsächsische Lebensversicherer. Diese sind selbst in so genannten Krisenzeiten überwiegend am Aktienmarkt investiert. Aus diesem Grund sind die Renditen aus diesen Lebens- und Rentenversicherungen bis heute deutlich höher, als die deutschen Policen.

Fondsgebundene Rentenversicherungen ermöglichen Rendite & Sicherheit

Altersvorsorge ist langfristig orientiert. Verträge zur Altersvorsorge laufen meist 30 Jahre und länger. Nennenswerte Rendite oberhalb der Inflationsrate sind bekannter maßen nur im Produktivkapital (z.B. Aktien) zu erzielen. Dabei kann auch der Wunsch nach „Sicherheit“ bei z.B. bei fondsgebundenen Policen erfüllt werden. Entweder durch die Auswahl geeigneter risikoärmerer Fonds oder durch den Einbau von Garantiebestandteilen in die Police.

Lesen Sie dazu unseren Beitrag  „Fehler bei der Altersvorsorge“

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