Online Makler für die Hosentasche

Online Makler für die Hosentasche – Werbung und Realität

Neue Online Makler wie Clark, Knip oder GetSafe sollen den Nerv der Online-Generation treffen. Vollmundig werden die Plattformen zur Verwaltung von Versicherungsverträgen in der Hosentasche beworben. Die Smartphone Makler stecken Service und Technik in eine App und mutieren quasi zu einem Online (App) Makler.

Obwohl die Macher von Clark sich selbst als „Deutschlands Online-Versicherungsmakler für Digital Natives“ bezeichnen, gibt es aktuell keine App. Mehr als eine na(t)ive Webseite bieten die FinTechniker von Clark nicht an.

Für diesen Artikel sind wir gnädig und lassen Clark in der Liga der App-Makler mitspielen. Immerhin kann die Internetplattform auch auf dem Smartphone genutzt werden.

Einfach, schnell, sicher und kostenlos sollen die Plattformen und Apps sein. Kundenberater und Service gäbe es zudem kostenlos oben drauf. Immerhin versprach einer der stylischen Online (App) Makler plakativ, die „Versicherungsvermittlung zu revolutionieren“.

Mit der Frage, ob diese Online Versicherungsordner nützlich oder gefährlich sind, haben wir uns bereits befasst. Offen blieb bisher die Frage, ob die Werbung hält, was sie verspricht. Kann ein Kunde beim Online (App) Makler wirklich Vorteile gegenüber einem Offline-Makler aus der realen Welt vorfinden ?

By the way … die Mehrheit der altehrwürdigen Offline-Makler sind heute online. Oft mit modernster digital nativer Technik.

Online (App) Makler – Konkurrenz für Versicherungsmakler zum Anfassen?

In einem Facebook-Forum für Versicherungsmakler mit über 2.600 Teilnehmern wurde über die Online (App) Makler diskutiert. Bisher ist unter den Kunden dieser Versicherungsmakler kein Wechselwille zu den Online (App) Maklern zu bemerken. Grundsätzlich kann eine Affinität zu technischen Gimmicks für Smartphones in nahezu allen Altersgruppen kaum geleugnet werden. Daher ist zu vermuten, dass überwiegend nicht betreute Kunden ohne Versicherungsmakler in dem Online-Versicherungsordner als Smartphone-App eine bequeme Alternative zu finden versuchen. Warum jedoch die Online (App) Makler nicht den Zulauf erhalten werden, den sich die Anbieter erhoffen, wird vielfältige Gründe haben. Ein Grund ist, dass Versicherungsdaten und das Betreuen von Versicherungsverträgen noch immer etwas mit persönlicher Chemie und Vertrauen in eine bestimmte, bekannte Person zu tun hat.

Ein Live-Test mit Online (App) Makler Clark

Wie aber verhält es sich tatsächlich mit den angeblich einfach zu handhabenden Online-Versicherungsordnern ? Ist die Plattform wirklich so problemlos und übersichtlich zu bedienen, wie die Werbung verspricht ? Welchen Service bietet der Online Makler tatsächlich ? Welche Vorteile erkennt der Neukunde sofort ?

Maklerkollege Raphael Strels aus Hamburg hat Clark auf den Zahn gefühlt und kommt nach fast 7 Wochen Testphase zu dem Schluss …

„Sollte mir als Makler also ein Fintech gefährlich werden können, ist es schon mal nicht Clark. … Die zur Verfügung gestellten Informationen machen mein Versicherungsleben komplizierter als der Blick auf den Versicherungsschein.“

Die Anmeldung bei Clark

Ein Konto ist einfach anzulegen und wird schnell bestätigt, so Versicherungsmakler Strels. Es werde anschließend nur abgefragt, ob irgendwelche Versicherungen bestehen. Weitere Daten, wie Versicherungsart, Versicherungsnummer und andere Details sind vorerst nicht notwendig. Das klingt einfach.

Die Maklervollmacht – ein trojanisches Pferd?

Wie in unserem Artikel „Online-Versicherungsordner – nützlich oder gefährlich ?“  bereits vermutet, könnte das Geschäftsmodel hauptsächlich darauf beruhen, möglichst viele Versicherungsverträge in den Bestand der Online (App) Makler zu überführen. Dafür bedarf es einer Maklervollmacht, welche den jeweiligen Versicherungsmakler legitimiert – als Vertreter des Versicherungskunden – die jeweiligen Verträge in seinen Bestand zu holen. Nur dann erhält der Online (App) Makler die Bestandsprovisionen vom Versicherer.

Die dazu notwendige Unterschrift des Kunden wird mit der Maus am Bildschirm ausgeführt. Laut Versicherungsmakler Strels teilt Clark ausdrücklich mit, dass eine vom Original abweichende Unterschrift kein Problem darstelle. Nicht nur Strels – der übrigens auch Jurist ist – sieht darin sehr wohl eine mögliche, juristische Stolperfalle. Diese einfache und ungeprüfte Form der Maus-Unterschrift könnte sich als trojanisches Pferd erweisen.

Da eine weitere Legitimierung des Accountinhabers nicht stattfindet, könnte jeder Sindbad – unter falscher Flagge – auf diese Weise an fremde persönliche und sensible Daten gelangen. Dabei wird Sindbad sogar von Clark unterstützt, da dieser – per Maklervollmacht – versicherungstechnischen Detaildaten in die Vertragsmasken des digitalen Versicherungsordners einpflegt.

„Wie Clark diesen Missbrauch verhindern will, kann ich leider nicht erkennen. Vielleicht hofft man dort einfach darauf, dass ich der Einzige bin, den solche Gedanken umtreiben.“

Vertragsverwaltung – mit Lücken und Tücken

Der Test des Kollegen zeigt, dass selbst nach fast 7 Wochen kaum mehr Daten als die Versicherungsnummer, der Versicherer, die Sparte, der Beitrag und die Tarifbezeichnung im digitalen Vertragsordner zu finden sind. Für einen Normalbürger ist keinesfalls zu erkennen, wie genau er versichert und ob der Vertrag etwas taugt oder ein anderer besser wäre.

„… der Mehrwert für den avisierten Laienkunden erschließt sich nicht.“

Unbemerkt blieb beim Online Makler z.B., dass in der privaten Krankenversicherung (PKV), welche im Online-Versicherungsordner durch Clark mit weiteren Detaildaten ergänzt wurde, auch die Tochter des Kollegen mitversichert ist. Bei einem möglichen – von Clark empfohlenen oder selbst gewünschten –  Wechsel der PKV, würde unter Umständen die Tochter vergessen werden. Negative Konsequenzen für den Kollegen (bzw. seine Tochter) würden einen möglicherweise teuren Haftungsfall für den Online Makler auslösen; von dem Ärger, dem Korrekturaufwand und emotionalen Stress des Kollegen mal abgesehen.

Von „Fintech“ keine Spur

Strels bemängelt weiterhin, dass nicht nur wichtige Informationen zum dargestellten Versicherungsschutz fehlen, wie z.B. Leistungsübersichten, Selbstbeteiligungen oder Versicherungssummen, auch von technischer Innovation sei beim App-Makler Clark nicht zu finden. „Deutschlands Online-Versicherungsmakler für Digital Natives“ sollte erwarten lassen, dass der Versicherungsordner im Smartphone den Umgang mit Versicherungsverträgen erleichtert. Immerhin versprechen die Online (App) Makler in Ihrer Werbung wiederholt innovative, einfache und revolutionäre technische Möglichkeiten.

„Ich hätte sowas wie eine 1-Klick-Kündigung oder einen Wechselbutton oder einen Änderungsbutton erwartet. Alles Fehlanzeige!“

Vertragsanalysen – Wann? Wo? Wie?

Auf der Homepage von Clark wird versprochen …

„Wir analysieren Deine Verträge laufend auf Sparpotenzial – und finden günstigere oder bessere Alternativen.“

Es stellt sich die Frage, wie die Berater von Clark das anstellen werden. Um einen Vertrag zu prüfen, müssen umfangreiche Informationen des Kunden abgefragt werden. Ohne die Lebenssituation, berufliche oder finanzielle Grundlagen, ohne Kenntnis der Wünsche und Ziele eines Kunden, kann nicht festgestellt werden, ob ein bestehender Vertrag passt oder ob ein anderer Vertrag besser wäre.

Kollege Strels macht es Clark mit einigen Verträgen sogar recht einfach. So gibt es Standardverträge in seiner App, bei denen hohe Prämieneinsparungen möglich wären und – ganz nebenbei – zusätzlich bessere Leistungen einhergehen würden. Es dürfte also mit Verbesserungsvorschlägen von Clark zu rechnen sein. Doch bis heute – nach gut 7 Wochen – wartet Strels vergeblich.

Bedarfsorientierte Beratung?

Jeder Versicherungsmakler wünscht sich Kunden vor der Tür, die darum bitten, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen zu dürfen, um das Einkommen und den Lebensstandard abzusichern. Kollege Strels ist ein solcher willkommener Kunde, der von selbst aktiv wird und bittet beraten zu werden.

„Mit Clark startet in Deutschland der erste Online-Versicherungsmakler, der modernste Internet-Technologie mit Produkt- und Kostentransparenz sowie einer bedarfsorientierten Beratung vereint.“ (Pressemitteilung vom 15.06.15)

Einzige Antwort auf die Angebotsanfrage von Strels innerhalb von 2 Wochen war ein Link zu einem Fragebogen, den es auszufüllen galt. Es waren die üblichen Basisfragen nach Beruf, Einkommen, zu versichernde Rentenhöhe und Vertragslaufzeit zu beantworten. Präferenzen zu Bedingungsklausel oder persönliche Lebensplanung, welche Auswirkungen auf den zu wählenden Versicherungstarif für die BU-Absicherung haben könnte, interessieren Clark scheinbar gar nicht. Es sei beim Online Makler bisher auch nicht aufgefallen, dass wichtige Fragen von ihm gar nicht beantwortet wurden. Immerhin gab es noch ein Email von Clark, zu der Berufsangabe, welche Strels mit „Wirtschaftprüfer“ angegeben hatte. Seinen Beruf ließ Strels dann auf Diplom-Kaufmann ändern.

Ein Angebot hat er übrigens bis heute nicht erhalten. Eine persönliche Beratung – welche Clark auf Ihrer Internetseite verspricht – hat nicht stattgefunden.

„Wir vereinen moderne Technologien mit persönlichem Service …“

Transparenz? – bisher Fehlanzeige

In der oben gezeigten Pressemitteilung vom 15.06.15 erklärt Mitgründer und Geschäftsführer Dr. Christopher Oster …

„Kernelemente des Beratungsansatzes sind die Offenlegung aller von Produktpartnern erhaltener Bestands- und Abschlussprovisionen…“

Vielleicht hat Kollege Strels noch keine Informationen zu Provisionen seiner eingegebenen Verträge erhalten, weil er noch nicht beraten wurde !? Oder nimmt man es bei Clark einfach nicht so genau, was öffentlich angepriesen wird ?

Keine Vorteile durch Online (App) Makler Clark

Dieser Live-Test zeigt, dass aus einer guten Idee und moderner Technologie nicht automatisch ein revolutionäres Geschäftsmodel wird. Wenn vollmundige Werbeversprechen schon bei einem ersten Test durchfallen und Mängel in Konzept und Beratungslauf offenbart werden, ist ein Mehrwert für Kunden zweifelhaft.

Für Versicherungsmakler Strels ist Online Makler Clark auf ganzer Linie durchgefallen.

„Ergebnis: Mangelhaft.“


4 Meinungen zu “Online Makler für die Hosentasche

  1. A. Mueller sagt:

    Hallo Herr Rindermann,

    doch es ist, wie ich es schrieb. Es hat definitiv nur der Kunde Zugriff auf seine Daten. Und das es Sinn macht können Sie gut im Prio- App- Erklärfilm erkennen: xxx.
    Zu ihren anderen Anliegen melden wir uns im Laufe des Vormittags per Mail. Herzliche Grüße.

  2. A. Mueller sagt:

    Bestens erkannt und das Problem herausgearbeitet. Man sollte die Branche jedoch nicht komplett verteufeln. Es gibt – wenn auch selten – auch Versicherungs-Apps, die einen völlig anderen Weg beschreiten und das völlig ohne Maklervollmacht. Ein gutes Beispiel ist die Prio-App. Hier geht es darum den klassischen Vertrieb zu unterstützen. Die App fungiert als Kommunikationsinstrument zwischen Makler und Kunde. Dieser kann per App seinen gesamten Anliegen per App übermitteln. Dies spart Zeit für Kunde und Makler. Die Versicherungsdaten speichert der Kunde nur für sich auf seinem Smartphone. Zugriff darauf hat nur er selbst. Schauen Sie selbst: …

    • Frank Rindermann sagt:

      Hallo Herr Müller,

      vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich habe mir Ihre Informationen über Prio-App auf Ihrer Website angesehen.
      Ihr Hinweis, dass nur der Kunde Zugriff auf seine Versicherungsdaten hat, ist mißverständlich. Auch der Makler hat sicher Zugriff auf die Daten (via Dashboard). Anderenfalls würde die Verteilung dieser Apps an Kunden keinen Sinn machen.

      Ansonsten finde ich Ihre Variante einer Kundenapp von der Idee her sehr gelungen. Die Testphase von 20 Tagen halte ich jedoch für zu kurz bemessen. Wir Makler haben ein Tagesgeschäft. Für Testläufe von Software und Apps benötigt es etwas mehr, als nur mal ein paar Minuten pro Tag etwas hin und her zu testen.

      Wenn Sie die Testphase auf 30 Tage verlängern können, würde ich sehr gern Prio-App testen wollen.

      Mit besten Grüßen
      Frank Rindermann

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