Pflege-Bahr – geförderte Pflegeversicherung

Pflegekosten
Lesedauer 6 Minuten

Pflege-Bahr – staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung

Zum 01.01.2013 wurde „Pflege-Bahr“ eingeführt; eine staatliche geförderte Pflegezusatzversicherung, die den privaten Abschluss zur Deckung der erheblichen Lücken in der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung mit einem direkten staatlichen Beitragszuschuss fördert.

Warum der Staat nun auch in der Pflegeversicherung die private Absicherung gegen die Mehrkosten bei ambulanter oder stationärer Pflege unterstützten möchte, ist inzwischen allgemein bekannt. Die Anzahl der pflegebedürftigen Personen wird sprunghaft ansteigen. Die Pflegekosten sind nur in den seltensten Fällen aus eigenen Mitteln der Pflegebedürftigen oder  aus Mitteln der Angehörigen komplett zu decken. Der Staat muss dann für die nicht gedeckten Kosten aufkommen. So ist der Beitragszuschuss von monatlich € 5,00 – wenn selbst mindestens monatlich € 10,00 für ein Pflege-Bahr-Produkt aufgewendet werden – die Hoffnung darauf, dass mehr Menschen zukünftig das Kostenrisiko bei Pflegebedürftigkeit privat abmildern.

Laut Meldung des PKV-Verbandes wurden in den ersten 6 Monaten nach Einführung des „Pflege-Bahr“ bereits ca. 150.000 Verträge abgeschlossen. Es ist davon auszugehen, dass die geförderte Pflegekostenversicherung weiterhin regen Zulauf finden wird. Immerhin werden die Probleme der Pflegeversicherung in der Bevölkerung immer breiter diskutiert.

Auch Finanzblog hat in einer detaillierten Information über die Pflegeversicherung wissenswerte Details veröffentlicht, um das Kostenrisiko – welches sowohl die zu Pflegenden betrifft als auch deren Angehörigen – und die zukünftige Entwicklung bekannt zu machen.

Wer bekommt einen staatlichen Beitragszuschuss ?

  • Zugelassene Produkte können für alle Menschen über 18 Jahre – gesetzlich oder privat versichert – abgeschlossen werden. Jede Person wird mit monatlich € 5,00 gefördert, sofern der Eigenbeitrag (zusätzlich) € 10,00 pro Monat beträgt.
  • Es darf bisher keine Leistung aus Pflegestufe 0 bis 3 bezogen werden oder früher bezogen worden sein.
  • Der Wohnsitz muss zur Förderung innerhalb der EU bestehen. Bei Wegzug aus dem EU-Raum, kann der Tarif auf eine Anwartschaft umgestellt werden. Anderenfalls endet der Vertrag bei Wegzug.

Die Zulage selbst wird – wie bei der Riester-Rente – vom Versicherer über die Zentrale Zulagenstelle der Rentenversicherung beantragt und von dieser Stelle jährlich dem Vertrag gutgeschrieben.

Welche Voraussetzungen müssen Pflege-Bahr-Tarife erfüllen ?

  • Tarif:

Pflege-Bahr muss nach dem Prinzip der Pflegetagegeld-Versicherungen der privaten Krankenversicherung konzipiert und kalkuliert sein.

  • Kontrahierungszwang:

Versicherte dürfen auch mit Vorerkrankungen nicht abgelehnt werden. Ebenso dürfen keine Risikozuschläge erheben oder Leistungen ausgeschlossen werden

  • Kündigungsverzicht:

Der Versicherer muss auf sein ordentliches Kündigungsrecht verzichten.

  • Mindestleistungen:

Pflegestufe 0: mindestens 10% aus Pflegestufe 3.
Pflegestufe 1: mindestens 20% aus Pflegestufe 3.
Pflegestufe 2: mindestens 30% aus Pflegestufe 3.
Pflegestufe 3: mindestens € 600,00 mtl.

  • Leistungsfall:

Pflegeleistung muss mit Anerkennung der sozialen oder privaten Pflegeversicherung gezahlt werden.

  • Wartezeit:

Maximal 5 Jahre. Bei Leistungsfall während der Wartezeit, beginnt die Zahlung nach Ende der Wartezeit.

  • Vertragskosten:

Abschlusskosten max. 2 Monatsbeiträge; Verwaltungskosten max. 10% des Beitrags.

Keine Einheits-Tarife für Pflege-Bahr

Trotz einheitlicher Versicherungsbedingungen, sind nicht alle geförderten Tarife gleich. Der Gesetzgeber hat nur Mindeststandards festgelegt. Die Versicherer sind somit frei, diese Mindestbedingungen für die Versicherten zu verbessern. So gibt es z.B. Pflege-Bahr-Tarife, welche die Wartezeit bei einem Unfall entfallen lassen. Weiterhin existieren Tarife, welche in der jeweiligen Pflegestufe einen höheren Leistungsgrad ansetzten. So können z.B. in der Pflegestufe 2 auch 70% der Stufe 3 angesetzt werden, statt der Mindestleistung von 30%. In der Pflegestufe 3 sind immer 100% des versicherten Pflegetagegeldes zu bezahlen. In den niedrigeren Pflegestufen die o.g. Prozentsätze davon. Diese dürfen nur nach oben abweichen. Genau dieser Umstand führt dazu, dass es erhebliche Unterschiede in der Höhe der Tagegelder gibt. Über alle Pflegestufen und über alle Altersgruppen. Dadurch sind auch die Beitragsunterschiede der Tarife untereinander sehr groß. Es ist also unabdingbar, die Spreu vom Weizen zu trennen und sich nur die hochwertigen Tarife anzuschauen, zumal diese nicht automatisch teurer sein müssen.

Für wen sind Tarife nach Pflege-Bahr geeignet ?

Aufgrund des Annahmezwangs profitieren bereits kranke Personen, welche ein deutlich erhöhtes Pflegefallrisiko aufweisen, besonders von den Pflege-Bahr-Tarifen, da sie eine normale Risikoprüfung nicht bestehen würden.

Auch jüngere Menschen (bis ca. 45 Jahre) erhalten bei Monatsbeiträgen von € 15,00 vergleichsweise hohe Pflegetagegelder. Bei Personen über 45 Jahre steigen die Beiträge für die Mindestleistungen (€ 600,00 in PS 3) deutlich an.

Ergänzung mit ungeförderten Pflegetagegeld-Bausteinen ?

Diese Entscheidung sollte von den persönlichen Umständen abhängig gemacht werden. Personen zwischen 18 und 40 Jahren können jedoch für Gesamteigenbeiträge von monatlich € 20,00 bis € 30,00 eine relativ hohe und sinnvolle Absicherung der Pflegekosten erreichen. Hier können später noch vorhandene Lücken über andere Produkte abgesichert werden. Warum nicht der komplette Bedarf an Kostenabsicherung über Pflegetagegeldprodukte abgesichert werden sollte, verdeutlicht der nächste Absatz.

Beitragsanpassungen wahrscheinlich

Beachtet werden muss, dass die Beitragskalkulation der privaten Krankenversicherung deutlich anfällig für zukünftige Beitragserhöhungen ist. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Versicherer die zukünftig steigende Anzahl von Pflegebedürftigen und die zu erwartenden Kostensteigerungen für Pflege insgesamt nicht in der Kalkulation berücksichtigt haben und auch nicht exakt berücksichtigen können. Daher wäre eine komplette Absicherung des Kostenrisikos im Pflegefall über eine Pflegetagegeldversicherung ein unnötig hohes Beitragsrisiko. Insbesondere bei Tarifen mit überdurchschnittlich hohen Leistungen in den Pflegestufen 0-2 könnten in der Zukunft mit höheren Beitragssteigerungen zu rechnen sein, weil die Kalkulation dieser Tarife eventuell die höhere Anzahl von Pflegebedürftigen in den Pflegestufen 0-2 nicht berücksichtigt und deutlich höhere Leistungen in den niedrigen Pflegestufen nur aufgrund der „Optik“ bietet. Ob es sich tatsächlich so verhält, kann nur die zukünftige Entwicklung der Beiträge zeigen.

Verbesserte Leistungsbedingungen durch Ergänzung mit ungeförderten Tarifen

Die Ergänzung und Aufstockung der Pflegetagegelder mit ungeförderten Tarifen kann sich – neben der höheren Absicherung – auch durch Bedingungsverbesserungen lohnen. So verzichten manche Tarife dann komplett auf eine Wartezeit für die Tarifkombination; gleiches gilt auch für eine Beitragsbefreiung im Leistungsfall.

Bei Personen im Alter über 45 Jahren, lohnt die Ergänzung mit ungeförderten Pflegetagegeldern kaum noch. Die Beiträge sind im Vergleich zu den Tagegeldern hier zu hoch. Für diese Personen eignen sich die von uns empfohlenen Pflege-Rentenverträge deutlich besser.

Die optimale Kombination zur Kostendeckung im Pflegefall

Wie in unserer Basisinformation zur Pflegeversicherung erläutert, empfehlen wir vorrangig den Abschluss einer Pflege-Rentenversicherung, da diese auf Basis der Lebensversicherung kalkuliert ist und somit ungewisse Beitragskostensteigerungen – wie bei Pflege-Bahr-Tarifen  sehr wahrscheinlich – nicht vorhanden sind. Bei geeigneten Pflegerenten besteht ebenfalls eine hohe Flexibilität hinsichtlich von Leistungserhöhungen, der Verfügbarkeit oder Vererbbarkeit des Kapitals in der Police. Eine Pflege-Rentenversicherung hat für den Autor die höhere Qualität und bessere Planbarkeit.

Und doch sollten qualitativ gute Pflege-Bahr-Tarife für viele ältere Menschen mit vorhandenen Erkrankungen und jüngeren Personen ein sinnvoller erster Baustein für das Pflegekostenrisiko sein. Die staatliche Förderung reduziert die dafür aufzuwendenden Beiträge und macht bei jüngeren Personen auch die Höhe der Pflegekostenversorgung interessant. Wie auch in anderen Bereichen, ist es von Vorteil, das Pflegekostenrisiko durch mehrere Bausteine zu reduzieren. Pflege-Bahr als Baustein zur Beanspruchung der staatlichen Beitragsförderung plus Pflegerentenversicherung mit laufendem Sparbeitrag oder per Einmalzahlung (oder eine Kombination aus beidem). Damit kann das Pflegekostenrisiko ausgeschaltet oder erheblich reduziert werden. Für die Betroffenen und für die Familienangehörigen.

Lesen Sie dazu auch

„Kinder haften für Ihre Eltern!“  oder  „Pflegekostenübernahme – Tochter muss für Mutter zahlen“

Beispiele – Beitragshöhe, Leistungen und Tarife

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von förderfähigen Pflege-Bahr-Tarifen. Die im Internet kursierenden Ranglisten und Empfehlungen sind leider meist für den Verbraucher zu unübersichtlich oder listen Tarif ohne Qualitätsmerkmale auf. Den bislang systematischsten Vergleich hat kürzlich das Deutsch Finanz-Service Institut mit Focus Money veröffentlicht. In diesem Vergleich wurde der Tarif der Deutschen Familien Versicherung (DFV) als der hochwertigste Pflege-Bahr-Tarif gekürt. Doch auch hier wurde ausdrücklich erwähnt, dass kein Vergleichstest eine individuelle Beratung ersetzen kann. Weiterhin wurde herausgestellt, dass bereits kleine Abweichungen der Erfordernisse an den Tarif einen anderen Tarif an die Spitze des Vergleichst bringen.

Wir möchten unseren Lesern die Vorauswahl an Pflege-Bahr-Tarifen erleichtern. Wir haben uns einige der Tarife genauer angesehen und uns dabei auf die Bedingungsqualität und positive Besonderheiten konzentriert, welche diese Tarife von der Maße abheben. Ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis war uns ebenso wichtig. Je nach Eintrittsalter können wir dabei unterschiedliche Tarife empfehlen, da die Beitragskalkulation der Versicherer innerhalb der Altersgruppen stark differiert.

Die unten stehenden Tarife beinhalten unserer Meinung nach sehr gute Leistungen und weisen für die Beitragshöhe in den Pflegeklassen 0 bis 3 vergleichsweise hohe Tagegelder auf. In allen anderen Fällen gefällt uns der Tarif der Deutschen Familien Versicherung (DFV) am besten.

Pflege-Bahr

Die Vorteile der „FörderPflege“ der DFV zu den übrigen Tarifen

  1. Keine Beitragszahlung mehr ab Leistungsbeginn (nur in Kombination mit Zusatztarif)
  2. Weltweiter Versicherungsschutz
  3. Höhere Leistungen bei PS 3 + Härtefall

Alle aufgeführten Tarife weisen zusätzlich folgende positiven Merkmale auf:

  1. Keine Wartezeiten (nur in Kombination mit Zusatztarif; außer: Nürnberger; hier nur bei Unfall)
  2. Dynamische Erhöhung zum Ausgleich der Inflation
  3. Assistance-Leistungen im Pflegefall

Einschränkende Merkmale weisen auf:

Tarife: Signal Iduna, Hanse Merkur, Nürnberger

  1. Versicherungsschutz nur in EU-Raum und Schweiz
  2. Keine Beitragsfreiheit im Leistungsfall

Eine Besonderheit bietet der Tarif „PB“ der Hanse Merkur:

Die Hanse Merkur leistet in Pflegestufe 0 und 1 ein deutlich höheres Tagegeld und reduziert dafür in den Pflegestufen 2 und 3 die Höhe. Diese Tarife können für bereits ältere Menschen interessant sein, wenn z.B. bereits andere Pflegekostenabsicherungen (z.B. eine Pflege-Rente) vorhanden sind und die o.g. eingeschränkten Leistungsmerkmale akzeptabel sind. Auf das Risiko steigender Beiträge in der Zukunft haben wir bereits oben hingewiesen.


5 Meinungen zu “Pflege-Bahr – geförderte Pflegeversicherung

  1. Pingback: Pflegeversicherung 2015 – Die nächste Reform

  2. Uwe P. sagt:

    Achtung die Kombinationsprodukte aus Pflege Bahr und ungeförderter Pflegetagegeldversicherung sind teilweise trotz 5,-€ Förderung teurer als der reine ungeförderte Tarif. So ist zum Beispiel bei der HanseMerkur ab einem Eintrittsalter von 50 Jahren und einer gewünschten Absicherung von 1500,-€ die ungeförderte Variante günstiger als die Kombination. Auch nicht gerade positiv ist, dass bei den Kombinationstarifen oft der enthaltene Pflege Bahr Tarif eine Wartezeit von 5 Jahren und eine fehlende Beitragsbefreiung im Leistungsfall hat.

    Drum prüfe wer sich bindet.

    • Frank Rindermann sagt:

      Hallo Herr P.,

      vielen Dank für Ihren korrekten Hinweis.
      Pflege-Bahr-Tarife für Personen über 50 Jahre sind ohnehin nur für bereits Vorerkrankte zu empfehlen. In dieser Altersgruppe – und das gilt ebenso für die Zusatz-Tarife – ist für eine ausreichende Pflegemonatrente der Beitrag kaum mehr erschwinglich. Hier eignen sich Pflegerentenverträge besser.

      Aufmerksame Leser unseres Artikels werden feststellen, dass wir z.B. die Tarife der DFV genau aus dem von Ihnen bemängeltem Grund empfehlen, weil dort u.a. Wartezeiten wegfallen und Beitragsbefreiung im Leistungsfall gilt, sobald der Pflege-Bahr-Tarif mit einem Zusatztarif ergänzt wird !

      Gruß

  3. Pingback: Pflegeversicherung - Pflegekostenrisiko wird unterschätzt - Finanzblog

  4. Bernd sagt:

    Für Menschen die bereits mit Erkrankungen zu kämpfen haben ist die Pflege Bahr ein echter Segen. Sie würden ansonsten gar keinen Versicherungsschutz mehr bekommen. Für junge Leute ist die Pflege Bahr wohl auch OK. Für „noch“ gesunde ältere Versicherungsnehmer ist eine „normale“ Pflegezusatzversicherung meist besser. Hier besteht also echter Beratungsbedarf! – Munter bleiben!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert