Schwarzgeld – Schwarze Haare, schwarze Nägel und Schwarzseher
Dienstag Morgen gegen 9:30 Uhr. Gerade als ich die Emails des Vorabends checke klingelt es an der Bürotür. Ein schneller Blick ins Outlook zeigt mir, dass ich keinen Kundentermin vergessen hatte. Ich öffne die Tür.
Vor mir stehen fünf Personen mit schwarzen Haaren. Mein fragender Blick reichte aus, um das Begehren der Besucher zu entlocken. „Bist Du Finanzmakler ! Wir kommen, weil kaufen eine Haus hier.“
Höflich bitte ich die Familie – bestehend aus 3 Männern und 2 Frauen im Alter zwischen etwa 20 und 50 Jahren ins Büro. Schnell ein paar zusätzliche Stühle herangeschafft, setzen wir uns an den Beratungstisch. Ohne jegliche Frage von mir nach Kaffee und den Wünschen an mich abzuwarten, zieht der Stammesälteste der Sippe mehrere gebündelte Stapel Euros aus einer kleinen Ledertasche und legt sie auf den Tisch. „95.000 Euros, genug ?“ fragte das vermeintliche Familienoberhaupt mit steinerner Miene.
Ein tiefes Durchatmen konnte ich einfach nicht verbergen. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, betrachtete die Familie und fragte „Sie wollen also ein Haus kaufen ? Und wie kommen Sie darauf, dass ich Ihnen dabei helfen kann ? Wer hat uns denn empfohlen ?“ „Nix empfohlen“ konstatierte der Stammesfürst. „Du große Bilder im Fenster“ und deutete dabei auf meine Plakate auf denen u.a. die Tätigkeitsfelder meiner Firma stehen. „Du Makler und Finanzmann, stimmt nicht ?“ fragte der Mann mit großen Sorgenfalten auf der Stirn. „Dann sehen schwarz“ hörte ich und sah, wie die Sippe tiefe Blicke tauschte. Langsam wurde mir ein wenig mulmig und ein leichtes kribbeln in der Magengegend suchte nach einer schnellen Lösung für die Situation mit ungewissen Ausgang.
„Doch, doch. Ich bin Finanzmakler. Schauen wir doch mal, ob ich Ihnen helfen kann“. Ich nahm meinen Stift und schrieb auf meinen Notizblock:
Dienstag, den 09.04.13 – 9:45 Uhr
- Hauskauf geplant
- Kaufpreis max.: ?
- Vorgaben/Wünsche: ?
- Eigenkapital € 95.000
- Käufer: ?
Fragend sah ich dem Herren ins Gesicht, der gerade dabei war, sich mit einem Fingernagel die schwarzen Ränder der anderen Nägel zu säubern: „Dann verraten Sie mir mal etwas mehr. Wer von Ihnen möchte denn das Haus kaufen und die Finanzierung übernehmen ?“ Der Kugelschreiber wartete auf Nahrung.
Statt einer Antwort erzählte der Mann mir etwas von „… Haus kaufen in Karlsruhe … vermieten … ab und zu dort wohnen … viel Reisen … große Familie … Kinder mal Haus kriegen … nix Kredit … jedes Jahr bar bezahlen … gute Geschäfte mit Teppichhandel …“
Das Klingeln meines Telefons kam mir zu Hilfe. Mit einer kurzen Entschuldigung stand ich auf und nahm das Gespräch entgegen. Ein Kunde erkundigte sich, ob es bei dem ausgemachten Termin am Freitag bliebe. Nach kurzer Bestätigung legt ich auf und widmete mich mit Entschlossenheit meiner unheimlichen Großfamilie: „Es tut mir sehr leid. Aber ich werde Ihnen nicht helfen können. Ich habe gerade weder ein Haus im Angebot, dass mit einer jährlichen Rate an … äähh… (das Wort „Schwarzgeld“ konnte ich gerade so eben noch vermeiden)… Bargeld abgezahlt werden kann, noch mache ich Geschäfte, bei denen Bargeld über den Tisch wandert.“ Ich streute noch ein paar Begriffe wie „Identitätsprüfung“, „Haftung“ und „Gesetze“ … ein und öffnete dabei die Bürotür. Die Fremden gingen so schnell, wie Sie gekommen waren. Der Häuptling verabschiedete sich als einziger und hatte dann doch noch eine Frage: „Du weißt andere Finanzmann der verkauft uns Haus?“ Mit einem entschuldigendem Lächeln verneinte ich und … schloss erleichtert die Tür.
Ich habe wohl noch eine ganze Weile an dem Tisch gesessen, in meine leere Tasse Kaffee gestarrt und auf das Läuten an der Tür gewartet. Auf die lustigen Männer mit der versteckten Kamera. Aber es läutete heute nicht mehr.
Sehr amüsanter Beitrag der gleichzeitig aber auch zum Denken anregt. Habe den Blog hier gerade entdeckt.