Überschüsse sinken – Beiträge steigen
Seit Jahren sinken die Überschüsse bei Lebens- und Rentenversicherungen. Sinkende Zinsen und unrentable Kapitalanlagen der Versicherer sorgen dafür, dass Kunden immer weniger der dringend notwendigen Rendite mit Ihren Altersvorsorgeverträgen erzielen. Die reduzierten Überschüsse wirken aber auch direkt auf die Höhe der zu zahlenden Beiträge und ebenso auf andere wichtige Vorsorgeprodukte, wie z.B. der Berufsunfähigkeitsversicherung.
In diesen Tagen erhalten immer mehr Menschen unerfreuliche Post zu Ihren laufenden Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die Debeka teilt aktuell Kunden mit, dass der Grundüberschussanteil, welcher zuvor den Vertragsbeitrag reduzierte und zu einem niedrigeren Zahlbeitrag führte, komplett entfällt. So muss ein Kunde für seine Lebensversicherung ab Dezember 2014 einen um 21% höheren Beitrag für den gleichen Versicherungsschutz zahlen, als noch im Vorjahr. Bereits 2013 wurden u.a. bei der Debeka Überschüsse bei BU-Verträgen drastisch gekürzt, was höhere Zahlbeiträge für die betroffenen Kunden zur Folge hatte.
Zahlbeiträge steigen – Geringere Auszahlungen
Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten immer mehr Versicherungskunden erfahren werden, wie stark die Auswirkungen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus in Verbindung mit der mangelhaften Anlagepolitik deutscher Lebensversicherer sein werden. Die zur Beitragsreduzierung kalkulierten Überschüsse werden längst nicht mehr erreicht. In der Folge muss der Kunde höhere Beiträge zahlen als in der Vergangenheit, um die vertraglichen Leistungen zu erhalten. Es ist zu hoffen, dass betroffene Kunden in diesen Fällen darüber aufgeklärt wurden, dass auch mit Beiträgen verrechnete Gewinnanteile – wie alle in Aussicht gestellten Überschüsse – zu keiner Zeit garantiert wurden.
Sinkende Überschüsse in Vorsorgeverträgen für die Rente oder dem Schutz von Einkommen bei Berufsunfähigkeit führen aber nicht nur zu höheren Zahlbeiträgen, sondern auch zu erheblich niedrigeren Auszahlungssummen in der Zukunft. In einem Vertrag der Swiss Life wird die erwartete (aber eben nicht garantierte) Überschussbeteiligung zum Vertragsablauf ab Dezember 2014 mal eben um fast 44% reduziert.
Sicherheit, Hochrechnungen und Renditeschwindsucht
Einmal mehr wird deutlich, dass Hochrechnungen der Überschüsse von Versicherern – auch wenn diese vorschriftsmäßig als „nicht garantiert“ deklariert werden – immer hinterfragt werden sollten. Klar sollte sein, dass Versicherer mit optimistischen Ablaufprognosen versuchen, Kunden zu gewinnen. Noch heute ist das stärkste Argument der Anhänger klassischer Vorsorgeprodukte die vermeintliche „Sicherheit“.
Klassische Produkte:
Die Kapitalanlage findet im Deckungsstock des Versicherers statt. Hier werden über 90% der Kapitalanlagen in risikoarme verzinsliche Anlagen (festverzinsliche Wertpapiere, Anleihen, Pfandbriefe u.ä.) und Immobilien investiert. Renditestarke Anlagen wie Aktien oder Aktienfonds werden – wegen des vermeintlichen Risikos – kaum genutzt. Deutsche Versicherer dürfen bis zu 30% in solche Anlagen investieren. Tatsächlich beträgt die Investitionsquote in chancenreiche Börsenwerte seit langer Zeit im Durchschnitt aller Gesellschaften nicht mal 10%.
In Zeiten hoher Marktzinsen, als klassische Vorsorgeprodukte Gesamtverzinsungen von über 6% p.a. an Kunden ausgeschüttet haben, wurden solche Renditen auch für die Zukunft – ohne Blick auf die auslösenden Faktoren – angenommen. Reduzierte Überschüsse wurden bis vor wenigen Jahren meist nicht öffentlich diskutiert – und den betroffenen Kunden häufig nur in einem kleinen Nebensatz im jährlichen Anschreiben des Versicherers zum Vertrag mitgeteilt – und daher selten wahrgenommen. Erst die galoppierende Renditeschwindsucht der letzten Jahre verdeutlicht das Problem klassischer Anlagepolitik deutscher Versicherer. Jeder, der mit Produkten im klassischen Deckungsstock eines Versicherers Vorsorge betreibt, sollte aufgeklärt werden, dass hier i.d.R. über 90% des Kapitals zinsabhängig investiert ist. Und Zinsen sind alles andere als „sicher“. Sie unterliegen Schwankungen, wie andere Anlageinstrumente auch. Im Universum der Kapitalanlagen gilt nun einmal:
Sicherheit wird bezahlt mit geringer Rendite !
Alle Vorsorgeprodukte betroffen
Sämtliche Vorsorgeprodukte in denen in der Vergangenheit Gewinnanteile einkalkuliert wurden, sind aktuell von geringen Renditen betroffen. Und zwar immer dann, wenn die Kalkulation eine höhere Rendite angenommen hat. Der Versicherungsnehmer wird entweder eine geringere Auszahlung als erwartet erhalten oder – bei einer Gewinnverrechnung mit dem Beitrag – plötzlich doch einen höheren Zahlbeitrag leisten müssen, als in der Vergangenheit gewohnt. Im schlimmsten Fall ist er sogar von beiden Auswirkungen betroffen. Er muss mehr Beitrag zahlen und erhält zusätzlich bei Vertragsende weniger ausgezahlt, als vermutet. In Zeiten der sich ausbreitenden Altersarmut und steigender Kosten ist das die Höchststrafe für Vorsorgewillige. Für die Zukunft muss beobachtet werden, ob Versicherer aus der Zinsmisere der Vergangenheit gelernt haben und zukünftig neue Produkte mit geringeren Gewinnanteilen kalkulieren. Immerhin wäre es für Kunden positiv – und für Versicherer werbewirksamer – wenn die Nachricht lauteten würde, dass die Überschüsse sich besser entwickelt haben, als kalkuliert.
Rendite ist keine Hexerei – Aufklärung notwendig
Ich habe die Hoffnung, dass die Renditeschwindsucht letztendlich dazu führt, dass klassische Produkte der Vergangenheit vom Markt verschwinden. Stattdessen sollten sich flexible Produkte durchsetzen, bei denen der Versicherungsnehmer die Rendite nach persönlichen Vorgaben und Risikoneigung selbst justieren kann, wie es z.B. mit modernen fondsgebundenen Rentenpolicen möglich ist. Dazu bedarf es allerdings einer profunden Aufklärung über Risiko und Chance von Anlageprodukten im Allgemeinen und von Börsenanlagen im Speziellen. Dass mit Fondspolicen schon längst bessere Ablaufleistungen erzielt werden können, als mit klassischen Policen, ist kein Geheimnis und keine Hexerei.
Danke, ein sehr interessanter Artikel zum Thema Lebensversicherung und Risikoversicherung. Leider konnte ich in den letzten Jahren immer höhere Beiträge bei meiner Lebensversicherung beobachten, der Artikel hat das für mich etwas anschaulicher gemacht. Doch nicht nur in der Lebensversicherung muss ich mit steigenden Kosten rechnen, auch meine Autoversicherung und Haftpflichtversicherung werden langsam teurer.
„Dazu bedarf es allerdings einer profunden Aufklärung über Risiko und Chance von Anlageprodukten im Allgemeinen und von Börsenanlagen im Speziellen.“
Die Aufklärung über eben genau das, wird ja jetzt schon bei jedem Interessierten gewährleistet. Die meisten hören allerdings nur „Börse“, „Aktien“, „Wertpapiere“ oder „Fonds“ und nehmen dann schon direkt Abstand von dem Produkt weil sie einfach nichts „unsicheres“ als Kapitalanlage haben möchten. Da sollte nun mittlerweile die Aufklärung angesetzt werden, damit bereits im Vorfeld soetwas nicht gleich von jedem zweiten ausgeschlossen wird.
Hallo Herr Hauer,
ich kann Ihre Erfahrungen (?) nicht teilen. Unsere Kunden nehmen nach einer umfassenden Aufklärung über Risiken und Chancen, welche bei Börsenanlagen im Allgemeinen existieren, keinesfalls Reissaus. Ganz im Gegenteil; die meisten sind dankbar dafür, endlich mal konkrete Informationen zu erhalten. Im Anschluß ist die Angst vor „Börsenanlagen“ meist verflogen.
Angst resultiert eben häufig aus Unwissenheit und falschen Informationen.
Gruß
FRF Finanzmakler
Frank Rindermann