Universa Krankenversicherung – Heil- und Kostenplan zu Unrecht moniert
Prolog
Regelmäßig werden wir über die tägliche Praxis im Umgang und in der Kommunikation mit Produktanbietern (hauptsächlich Versicherungen) berichten. Jeder Verbraucher sollte wissen, wie Produktanbieter arbeiten und wie die Arbeit organisatorisch, technisch und menschlich abgewickelt wird. Dabei berichten wir über den Kontakt von Versicherungsmakler zu Produktanbieter aber auch von Kunde zu Produktanbieter.
Eine Versicherungsgesellschaft ist ein betriebswirtschaftlich aufgestelltes und handelndes Wirtschaftsunternehmen … oder sollte es – nach allgemeinem Verständnis – eigentlich sein. Als Teil der Volkswirtschaft ist jede Versicherung ein Spezialist für die Berechnung, die Übernahme und die Verwaltung von Risiken. So ist der Zweck einer Versicherung in einem Satz zu definieren. Danach sollte man annehmen, dass sich die Spezialisierung selbstverständlich auch auf Instrumente des Unternehmens – wie Personal, Software, EDV, Organisation, Kommunikation, Service u.ä. – bezieht. (Ähnliches gilt auch für alle Produktanbieter aus dem Sektor Kapitalanlagen, Investment und Finanzen) Das dieses leider eine irrige Annahme ist, wollen wir mit unseren Artikeln „Erfahrungen mit Versicherern“ aufzeigen.
Freuen Sie sich auf lustige, unglaubliche, peinliche, ärgerliche und interessante Berichte aus der Praxis.
Heute ein weiterer Artikel aus der Reihe „Erfahrungen mit Produktanbietern“:
Kunden werden verschaukelt – schon wieder Universa
Bekanntlich haben es die privaten Krankenversicherungen zurzeit sehr schwer. Mit dem Rücken an der Wand kämpfen Sie an allen Fronten gegen ein politisch herbeigeführtes Ende. Es ist zu befürchten, dass ahnungslose politische Entscheider eine Neuordnung des deutschen Krankenversicherungssystems durchsetzen. Bislang hat das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung funktioniert. Mehr noch, die privaten Krankenversicherungen trugen dazu bei, dass medizinischer Fortschritt und Gesundheitsleistungen finanziert werden konnten. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die gesetzliche Krankenversicherung über viele Jahre nur „überleben“ konnte, weil die private Krankenversicherung einen hohen Anteil an der Kostenfinanzierung auf allen medizinischen Feldern leistete.
Aber auch die privaten Krankenversicherer müssen seit geraumer Zeit intern verstärkt die Kosten- und Leistungsentwicklung berücksichtigen. Das führte dazu, dass heute nahezu jede Leistung im Vorfeld eingehend geprüft wird. Und es führte dazu, dass heute sehr häufig Kostenerstattungen gekürzt oder gar abgelehnt werden.
Ob solche Streichungen von Kostenpositionen auf Arztrechnungen legitim sind und mit den Tarifbestimmungen zu vereinbaren sind, kann ein Versicherungskunde nicht prüfen. Oftmals werden solche Kürzungen auf Mangel an Sachkunde einfach hingenommen. Die Ersparnis der Versicherer ist dabei derart groß, dass es scheinbar lohnt, dafür den einen oder anderen „Rüffel“ für eine ungerechtfertigte Erstattungskürzung hinzunehmen.
Versicherer haben leider viel zu selten ersthafte Konsequenzen unrechtmäßigen Handelns erfahren müssen. Der Versicherungskunde ist bekanntlich mehr als „geduldig“. Als Versicherungsmakler sind solche Praktiken jedoch nicht hinzunehmen. Unser Maklermandat beinhaltet eben auch die Unterstützung und das Eingreifen, wenn Kunden von Versicherern „für dumm“ verkauft werden sollen.
Unser aktueller Fall betrifft schon wieder die Universa. Eigentlich ein „gutes“ und erfahrendes Krankenversicherungsunternehmen. Immerhin der älteste Krankenversicherer in Deutschland (Gründung: 1843).
Vorgang – Heil- und Kostenplan Universa – Mai 2013:
Ein Kunde erhält von seinem Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan (HKP) für eine neue Krone. Diese Krone möchte der Zahnarzt nicht (teuer) von einem Zahntechniker manuell anfertigen lassen, sondern (kostenschonend) mit einem computergesteuerten (mechanischen) Verfahren. Eine schon seit langem bewährte Technik von sehr guter Qualität. Eine übliche Versorgung mit zahntechnischer Fertigung wäre für den Kunden mit mehr Sitzungen und mit höheren Kosten verbunden. Dieses Verfahren reduziert also die Gesamtkosten für den Krankenversicherer.
Nach der Einreichung des HKP bei der Universa erhält der Kunde eine Antwort vom Versicherer, die mehr als ärgerlich für den Kunden ist. Die Kosten gem. HKP werden nicht im vollen Umfang anerkannt. Unter anderem enthält die Begründung der Universa folgende Punkte:
- der Zahnarzt würde zu hohe Steigerungsfaktoren berechnen.
- der Zahnarzt würde durch die Novellierung der Vergütungsordnung in 2012 heute deutlich besser für jede Gebührenziffer honoriert, als früher.
- der Zahnarzt berechne Faktoren über dem Faktor 2,3 obwohl er vor tatsächlicher Behandlung gar nicht wissen könne, ob während der Behandlung eine höhere Schwierigkeit auftreten wird.
- der Kunde solle doch Einfluss auf die Abrechnung des Zahnarztes nehmen, da ihn dieses ja selbst betrifft, wenn er höhere Eigenkosten trägen müsse.
Wir schalten uns ein und versuchen, den Vorgang in Interesse beider Seiten gütlich und schnellstmöglich zu lösen.
Unsere Email vom 07.06.13 an die Universa:
Sehr geehrte Damen und Herren,
um eine juristische Klärung dieses Vorganges zu vermeiden, schalten wir uns – im Auftrag unseres Klienten – ein.
Nach Prüfung Ihrer Erstattungszusage teilen wir Ihnen mit, dass die Begründungen zur reduzierten Erstattungszusage weder in der Argumentation noch rechtlich haltbar sind.
Zum einen versuchen Sie einen Eingriff in die Vertragsautonomie zwischen Arzt und Patient. Einem Versicherer steht es nicht zu, über Honorarsätze zu urteilen. Der Rahmen der GOZ ist Grundlage für die Honorarabrechnungen. Der Heil- und Kostenplan bleibt innerhalb der GOZ; der Zahnarzt begründet Mehraufwendungen und entsprechend höhere Gebührensätze.
Zum anderen bleiben die Leistungen und die Honorarsätze innerhalb der vertraglich zugesicherten Leistungsgrenzen. Der Versicherungsvertrag ist von Ihnen einzuhalten.
Weiterhin ist weder die Novellierung der GOZ noch das zitierte Urteil des BGH für diesen Vorgang relevant und deutlich als Hilfsargument zu erkennen.
Leider honorieren Sie nicht einmal, dass die hier zu fertigende Krone und die gesamte Behandlung kostengünstiger ausfällt, als eine konventionell angefertigte Krone und die notwendigen Mehrfachsitzungen beim Zahnarzt. Bei der hier genannten Behandlung kommen Patient und Zahnarzt der Versichertengemeinschaft durch „günstigere“ Kosten entgegen. Ein Versicherer sollte dieses durch eine schnelle und kundenfreundliche Erstattungspraxis unterstützen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unserem Klienten den Heil- und Kostenplan wie vorgelegt ohne Kürzungen zusagen könnten.
Mit der Bitte um eilige Antwort verbleiben wir …
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Eine Antwort erhalten wir nicht. Dafür aber der Kunde:
Das Schreiben der Universa und unsere Anmerkungen dazu sprechen für sich. Auf einen weiteren Austausch mit der Universa verzichten der Kunde uns wir gleichermaßen. Wir haben den Kunden geraten, die Behandlung durchführen zu lassen. In der Rechnung soll der Zahnarzt jeden höheren Faktor der durch einen erhöhten Schwierigkeitsgrad gerechtfertigt wird (über 2,3) individuell und detailliert begründen. Die Universa wird dann keinerlei Möglichkeiten haben, die Erstattung der Zahnarztrechnung zu kürzen. Sie wird die tariflichen Leistungen vollumfänglich erstatten müssen.
Der Aufwand der Universa hat sich nicht ausgezahlt; erhöht jedoch die Kosten der Versichertengemeinschaft !
Fazit
Es ist bedauerlich, dass Versicherer heute bei jeder Gelegenheit versuchen, Ihren Kunden versicherte und vertragliche Leistungen vorzuenthalten. Scheinbar rechtfertigt der „Erfolg“ solcher Maßnahmen aber den Mehraufwand der Sachbearbeiter der Versicherer. Der Kunde und sein Versicherungsmakler haben aber – außer überflüssigem Mehraufwand und Verärgerung – nichts davon. Wir möchten mit der Veröffentlichung solche Erfahrungen mit Produktanbietern dazu beitragen, dass Mißstände publik gemacht werden. Nur wenn sich mehr Kunden gegen solche unlauteren Verfahren der Versicherer wehren und auch mal Konsequenzen ziehen, bestehen Chancen auf Veränderung. Die Hoffnung stirbt zuletzt …
Hallo Hr. Kollege Rindermann,
unschöner Fall, aber eher weil er unnötig Arbeit macht und einfacher zu lösen gewesen wäre. Ich sehe es hier teilweise wie Sie, andererseits in Teilen auch nicht.
Das der Arzt allein über die angemessene Vergütung innerhalb der GOÄ entscheidet, sehe ich anders. Die GOÄ schreibt explizit Abrechnungsprozeduren vor und der Arzt muss def. eine Abrechnung mit höheren Sätzen begründen. Ob der Tarif da innerhalb oder gar über den 3,5fachen Satz leistet, spielt dabei erst eine 2. Rolle, nämlich wenn die Rechnung richtig und somit auch begründet ist.
Andererseits finde ich es (für meine Kunden) immer besser, solche Sachen VOR Behandlung zu klären und eben nicht erst mal machen zu lassen. Jetzt ist unter Umständen noch eine Klärung mit dem Zahnarzt möglich, nach erbrachten Leistungen wird das deutlich schwerer zu diskutieren.
Aber: Auch die Gesellschaften versuchen ihre und die Kosten der Versichertengemeinschaft im Rahmen zu halten, das darf natürlich nicht soweit gehen, das bewusst falsche oder irreführende Infos gegeben werden, die sehe ich hier aber nicht.
Am Ende ist es ein Tauziehen, wie immer. Zahnärzte sind manchmal sehr, sehr kreativ was die Abrechnung betrifft. Neulich wollte mir einer weiss machen, er wisse schon das es so kompliziert wird, das er heute schon sagen kann das 3,5fach nicht reicht und der Kunde eine Honorarvereinbarung unterschreiben soll. Kunde fragt VR an, der moniert, Kunde sucht neuen Zahnarzt, welcher meint er kommt bis auf 3 Positionen sogar mit 2,3fach aus.
Es gibt eben immer zwei Seiten, aber genau dafür sind wir Makler ja da, dem Kunden dabei zu helfen.
Hallo Kollege Hennig,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Zum Verständnis für die Leser möchte ich das eine oder andere Mißverständnis aufklären; vielleicht sehen Sie dann doch nichts mehr so ganz anders 🙂
Ich habe ausgeführt, dass der Zahnarzt INNERHALB der Regularien der GOZ frei ist, seine Leistungen abzurechnen. Das er erhöhte Leistungshonorare in der Rechnung (nicht im HKP) detailliert begründen muss, habe ich angeführt. Somit ist Ihr Hinweis darauf in meinem Beitrag zu finden 🙂
Ich stimme Ihnen zu, dass IMMER (selbst dann, wenn die Tarifbedingungen es nicht vorsehen) einen HKP VOR Behandlungsbeginn vom Versicherer bestätigen zu lassen. Auch dieses ist in diesem Fall geschehen; durch die unschöne Klärung der HKP-Leistungen musste unsere Kunde die Behandlung durch einen inzwischen angetretenen Urlaub sogar verschieben.
Wir stimmen überein, dass Ärzte generell „kreativ“ in der Honorarabrechnung sein können. Bei Zahnärzten kann durchaus durch die tägliche Praxis festgestellt werden, ob dieses Inlay (z.B.) im hinteren Backenzahn eine erhöhte Schwierigkeit für ihn darstellt oder nicht. Er kann sich diesen erhöhten Aufwand bezahlen lassen; muss es aber nicht. Gerade wenn es um eine „zweite Meinung“ geht, verzichtet der zweite Zahnarzt gern auf einen Teil des möglichen Honorars … damit er der neue Zahnarzt des Kunden werden kann ! Hier reduziert eher die „Kundenaquise“ die Kosten, als der tatsächliche Aufwand 🙂
Unseren Kunden sollte immer von uns klar gemacht werden: Du bist ein zahlender Kunde eines jeden Arztes. Und wer zahlt, darf über den Preis einer Leistung durchaus verhandeln !
Gruß